Long-COVID-Risiko bei Sportlern reduzieren
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Long COVID macht auch vor Athleten nicht Halt. Man geht davon aus, dass in der Allgemeinbevölkerung und unter Sportlern gleichermaßen ca. zehn Prozent der Infizierten nach Abklingen der akuten Infektion verschiedenartige Symptome über vier Wochen hinaus zurückbehalten. Unter Kaderathleten ist der Prozentsatz etwas geringer – aber auch dort gibt es Betroffene, die teilweise ihre Karriere beenden mussten oder noch ein Jahr später nicht an die Leistungen vor ihrer COVID-19-Erkrankung anknüpfen können.
Inzwischen gibt es von Fachgesellschaften wie der DGSP »Return to Sports«-Leitlinien für Leistungs- und (ambitionierte) Freizeitsportler (5). Kurz zusammengefasst sollte nach einer symptomlosen Infektion für zwei Wochen auf intensive Belastungen und nach mäßig symptomatischer Erkrankung ohne Pneumonie zwei bis vier Wochen auf jegliche sportliche Aktivität verzichtet werden. Mittelschwere Erkrankungen erfordern nach Genesung eine vollständige Sport-Abstinenz für mindestens vier Wochen. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen eine Myokarditis vorlag: Hier ist jeglicher Sport für mindestens drei Monate tabu. Nach der Sportpause sollten unterschiedlich umfangreiche körperliche sowie Labor- und Belastungsuntersuchungen durchgeführt werden (siehe 5), um die Wahrscheinlichkeit für eine sichere Rückkehr ins Training zu erhöhen.
Dr. Christian Puta, Privatdozent am Department of Sports Medicine and Health Promotion der Friedrich-Schiller-Universität Jena, ist in der Post-COVID-Ambulanz (Leitung Prof. A. Stallmach, Universitätsklinikum Jena) für die Forschung zur körperlichen Belastungsintoleranz und Symptomverschlimmerung nach Belastung verantwortlich. Er betont: »Besonders wichtig ist, dass man vollständig symptomfrei ist, bevor man in körperliche Aktivität einsteigt. Denn jeder zu frühe Einstieg kann da
Risiko für eine Long-COVID-Problematik erhöhen. Außerdem sollten alle ambitioniert Sporttreibenden die ersten vier bis sechs Wochen nach Wiederaufnahme des Trainings etwa im Bereich von höchstens 60 bis 70 Prozent der maximalen Leistung trainieren und sich erst danach langsam, über einen Zeitraum von vier bis acht Wochen, an die Maximalbelastung herantasten.« Das kann für Athleten schwer auszuhalten sein, möchten sie doch möglichst schnell an das Leistungsniveau vor der COVID-Infektion anknüpfen. Doch zahlreiche Beispiele und Untersuchungen zeigen, dass bei zu frühem Beginn und zu schnellem Vorstoßen in hochintensive Belastungen (≥ 80 Prozent der V˙O2max) die Leistungsfähigkeit manchmal anhaltend um 10 bis 15 Prozent verringert sein kann (8).
Verminderte Leistung – was macht das Virus, was die Trainingspause?
Grundsätzlich scheint es so, dass die Leistungsfähigkeit nach einer COVID-Infektion (auch ohne Long-COVID-Thematik) für mindestens zwei Monate verringert ist. Welcher Anteil davon auf die normale Dekonditionierung durch den Trainingsausfall zurückzuführen ist, ist noch nicht genau geklärt. Dr. Puta hält es jedoch aufgrund der aktuell vorliegenden Evidenz (8, 10) und seiner inzwischen umfangreichen Erfahrung mit betroffenen Sportlern für sehr wahrscheinlich, dass abzüglich des normalen Konditionsverlusts weitere Einschränkungen bestehen, die direkt durch SARS-CoV-2 verursacht werden. So zeigte eine Beobachtungsstudie an 21 englischen Erstliga-Fußballspielern eine relevante Verminderung der fußballspezifischen Leistungsfähigkeit noch 60 Tage nach einer COVID-Infektion (9): Die V˙O2max lag signifikant um 10 bis 15 Prozent niedriger, Laufzeiten auf dem Laufband waren kürzer, die Geschwindigkeit bei VO2max war signifikant niedriger und die Herzfrequenz an der ersten und zweiten ventilatorischen Schwelle signifikant höher.
Wann ist es Long COVID?
Sind diese Einschränkungen nun schon Zeichen einer Long-COVID-Problematik? Es hat sich etabliert, im Rahmen der zeitlichen Klassifikation bei einem Fortbestehen von Symptomen ab vier Wochen nach der Infektion von Long COVID zu sprechen . Fühlt sich der Patient auch 12 Wochen nach der Infektion noch gesundheitlich eingeschränkt, hat man es mit einem so genannten Post-COVID-Syndrom zu tun. Die Symptome sind vielfältig und umfassen respiratorische (z. B. Atemnot, Husten), systemische (z. B. Fieber, Erschöpfung, Belastungsintoleranz, postexertionelle Symptomexazerbation), neurologische (z. B. Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, Schlafbeschwerden, Stimmungsschwankungen), kardiovaskuläre (z. B. Herzrhythmusstörungen, Myo- und Perikarditis), gastrointestinale (z. B. Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit), muskuloskelettale (z. B. Muskel- und Gelenkschmerzen) und endokrine (z. B. Schilddrüsenveränderungen, Diabetes, Hormonstörungen) Manifestationen. Long-COVID-Patienten leiden unter mindestens einem Symptom, viele auch unter mehreren. Etwa 15 Prozent sind noch nach 12 Monaten betroffen (13).