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Fortsetzung Kompressionskleidung im Sport – Messbare Effekte oder modisches Accessoire?

Gute Daten für schnellere Regeneration

Aber schauen wir uns an, was in guten Studien festgestellt werden konnte. Für die Regenerationsphase nach einer Belastung gibt es Daten, die zeigen, dass die Muskelpumpe um 30 Prozent verbessert wird (4). Zudem wurde nachgewiesen, dass beim Tragen der Strümpfe das Blutvolumen pro Bein um etwa 30 Milliliter geringer ist. Diese zwei Parameter sind dafür verantwortlich, dass das venöse Blut, aber auch Lymphe mit Abbauprodukten des Stoffwechsels, schneller zurückgepumpt wird. Die Muskulatur regeneriert schneller und kann dadurch früher wieder intensiven Reizen ausgesetzt werden.

Eine Metaanalyse (2) zeigt bezüglich der Wirkung von Kompressionsprodukten auf Kreatinkinase-Werte (CK-Werte) uneinheitliche Ergebnisse. Einige Studien zeigen Reduktionen der CK-Werte, andere nicht. Die CK reagiert vor allem auf deutliche Änderungen von Belastungsumfang und -intensität, sodass sie nach ungewohnten und exzentrischen Belastungsformen (Kraft- und Schnellkraftbelastungen) besonders hoch ansteigen kann. Evidenzbasierte Aussagen über den Beitrag zur Regeneration sind daher nicht möglich.

Was sich auf molekularer Ebene abspielt, konnte bislang nicht ergründet werden. In Blutanalysen zeigten nämlich die üblichen Verdächtigen der Leistungsdiagnostik von Sportlern keine Veränderungen (Laktat, IGF1, IL-6, IL-1ra) (1). Daraus kann man entweder folgern, dass diese Werte nicht geeignet sind, um die Effekte abzubilden, oder aber, dass es einen nicht zu unterschätzenden psychischen Faktor gibt.

Faktor Zeitersparnis

Um in der Regenerationsphase von den positiven Wirkungen zu profitieren, ist es ausreichend, die Strümpfe nach der Belastung anzuziehen. Vom Kompressionsdruck sollten sie der medizinischen Klasse 2 entsprechen. Neben schnellerer Wiederbelastbarkeit und einem häufig als angenehm beschriebenen Tragegefühl haben Sportler dadurch ganz klare praktische Vorteile: Regenerationsfördernde Kleidung, die nebenher, also direkt nach dem Training, zu Hause auf der Couch, bei Veranstaltungen oder im Bett getragen werden kann, spart Zeit, zum Beispiel für Massagen oder andere regenerative Maßnahmen (Bäder, Elektrotherapie etc.). Über mögliche Effekte auf das Verletzungsrisiko kann bisher nur spekuliert werden. Doch da man weiß, dass der beste Schutz vor Verletzungen die Kombination aus optimal vorbereiteter, gut durchbluteter und trainierter Muskulatur sowie einer guten Koordination ist, könnte das Verletzungsrisiko verringert sein.

Leistungssteigerung – nur gefühlt oder auch messbar?

Immer mehr Sportler tragen Kompressionskleidung, aber nicht nur während der Regeneration, sondern auch während der Belastung. Wer sich eine Aussage darüber erhofft, wie viel schneller man rennt oder fährt, wird jedoch enttäuscht. Tendenziell, das offenbart ein Blick in die Literatur, konnte weder für die Sprintsituation noch für längere Strecken eine messbare Leistungssteigerung beschrieben werden. Dennoch sind viele Ärzte und Sportler von der Wirksamkeit überzeugt.

Prof. Anton Wicker, selbst ehemaliger Skifahrer im österreichischen Nationalteam, Betreuer der Skinationalmannschaft und Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation in Salzburg, erklärt: »Wir haben aus Messungen mit den österreichischen Skifahrern Hinweise darauf, dass die Muskelkraft verbessert wird und eine bessere Kraftentwicklung bei explosiven Bewegungen möglich ist.

Neben der Regeneration halten wir die Produkte auch während der Belastung für sinnvoll. « Die beobachteten Effekte bei Skifahrern wurden mit Produkten erreicht, deren Kompressionsdrücke höher waren als für die Regeneration, also höher als MKS-Klasse 2. Solche Strümpfe oder andere Kompressionskleidung (Hosen, Shirts) eignen sich aufgrund der starken Kompression aber nur für kurzfristige Belastungen, nicht für Ausdauerleistungen.

 

Bild Anton Wicker
Prof. Dr. Anton Wicker, Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Salzburg, und Betreuer der österreichischen Skinationalmannschaft © Wicker
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