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Fortsetzung Körperliche Aktivität und Alterungsprozesse im Kontext des demographischen Wandels

Bedeutung der Sportmedizinischen Untersuchung und Leistungsdiagnostik

Die sportmedizinische Untersuchung und Leistungsdiagnostik gewinnen im Kontext der steigenden Relevanz körperlicher Aktivität und Sport in der Prävention und Therapie chronischer Krankheiten zunehmend an Bedeutung. Die sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung soll Risikofaktoren (insbesondere für kardiovaskuläre Erkrankungen und das Risiko für einen plötzlichen Herztod im Sport) erkennen und die sichere Ausübung von körperlicher Aktivität und Sport ermöglichen. Darüber hinaus ist die Leistungsdiagnostik Grundlage für eine individualisierte Trainingsempfehlung und kann dazu beitragen, die positiven Effekte der körperlichen Aktivität zu optimieren (1).

COVID-19 und körperliche Aktivität

Auch (oder gerade) bei der Betrachtung des Einflusses von körperlicher Aktivität auf Alterungsprozesse sind die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu berücksichtigen. Aufgrund zahlreicher Restriktionen im Kontext dieser Pandemie berichteten mehrere internationale Studien, dass die körperliche Aktivität während der ersten Pandemiewelle um mehr als 20% abgenommen hat (2). Insbesondere häusliche Quarantäne, Homeoffice-Regelungen, Schließungen von Sportstätten und Meidung sozialer Kontakte haben sich dabei negativ ausgewirkt. Inwiefern COVID-19 sich langfristig auf körperliche Aktivität auswirkt, wird aktuell in mehreren Studien untersucht. Hier zeigt sich das Potential (app-unterstützten) körperlichen Trainings in der eigenen Häuslichkeit und der telemedizinischen Versorgung. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass körperliche Inaktivität mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19 Verlauf assoziiert ist. Ein aktuelles zentrales sportmedizinisches Forschungsgebiet ist die präventive und therapeutische Rolle körperlicher Aktivität für das Post-/Long-COVID-Syndrom.

Exercise is Medicine

Die fundamental positiven Effekte von körperlicher Aktivität und Sport in der Prävention und Therapie zahlreicher chronischer Erkrankungen sind wissenschaftlich fundiert bewiesen (Klasse IA-Empfehlungen zur körperlichen Aktivität bei verschiedenen Erkrankungen). In diesem Kontext sollte körperliche Aktivität als Medizin mit höchsten Evidenzgrad eingestuft werden. In der Versorgungsrealität ist das Potential von körperlicher Aktivität jedoch noch weit unterrepräsentiert. Diesbezüglich zeigt sich die Notwendigkeit der stärkeren gesundheitspolitischen Thematisierung körperlicher Aktivität. Des Weiteren sind auch Ärzte aufgefordert, ihren Patienten körperliche Aktivität und Sport zu empfehlen. Idealerweise sollte diese Empfehlung mit der Durchführung einer sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung und individuellen Leistungsdiagnostik verbunden werden. Einen potentiellen Ansatz stellt hierbei das „Rezept für Bewegung” dar.

■ Müller P, Ahrens D, Braun-Dullaeus R, Schreiber S

Quellen:

  1. AHRENS D, TÖRPEL A, DIETZ C, BRAUN-DULLAEUS R. Körperliches Training zur Prävention - Bedeutung der Leistungsdiagnostik. Ärzteblatt Sachsen-Anhalt; 2021.

  2. AMMAR A, BRACH M, TRABELSI K, CHTOUROU H, BOUKHRIS O, MASMOUDI L, BOUAZIZ B, BENTLAGE E, HOW D, AHMED M, MÜLLER P, MÜLLER N, ALOUI A, HAMMOUDA O, PAINEIRAS-DOMINGOS LL, BRAAKMAN-JANSEN A, WREDE C, BASTONI S, PERNAMBUCO CS, MATARUNA L, TAHERI M, IRANDOUST K, KHACHAREM A, BRAGAZZI NL, CHAMARI K, GLENN JM, BOTT NT, GARGOURI F, CHAARI L, BATATIA H, ALI GM, ABDELKARIM O, JARRAYA M, ABED KE, SOUISSI N, VAN GEMERT-PIJNEN L, RIEMANN BL, RIEMANN L, MOALLA W, GÓMEZ-RAJA J, EPSTEIN M, SANDERMAN R, SCHULZ SV, JERG A, AL-HORANI R, MANSI T, JMAIL M, BARBOSA F, FERREIRA-SANTOS F, ŠIMUNIC B, PIŠOT R, GAGGIOLI A, BAILEY SJ, STEINACKER JM, DRISS T, HOEKELMANN A. Effects of COVID-19 Home Confinement on Eating Behaviour and Physical Activity: Results of the ECLB-COVID19. International Online Survey. Nutrients. 2020; 12. doi:10.3390/nu12061583

  3. GUTHOLD R, STEVENS GA, RILEY LM, BULL FC. Worldwide trends in insufficient physical activity from 2001 to 2016: a pooled analysis of 358 population-based surveys with 1·9 million participants. Lancet Glob Health. 2018; 6: e1077-e1086. doi:10.1016/S2214-109X(18)30357-7

  4. GUTHOLD R, STEVENS GA, RILEY LM, BULL FC. Global trends in insufficient physical activity among adolescents: a pooled analysis of 298 population-based surveys with 1·6 million participants. Lancet Child Adolesc Health. 2020; 4: 23-35. doi:10.1016/S2352-4642(19)30323-2

  5. LUCK T, RIEDEL-HELLER SG. Prävention von Alzheimer-Demenz in Deutschland : Eine Hochrechnung des möglichen Potenzials der Reduktion ausgewählter Risikofaktoren. Nervenarzt. 2016; 87: 1194-1200. doi:10.1007/s00115-015-0045-1 (6) MORRIS J, HEADY J. Mortality in relation to the physical activity of work: a preliminary note on experience in middle age. Br J Ind Med. 1953; 10: 245-254. doi:10.1136/oem.10.4.245

  6. RUEGSEGGER GN, BOOTH FW. Health Benefits of Exercise. Cold Spring Harb Perspect Med. 2018; 8. doi:10.1101/cshperspect.a029694

  7. VINA J, SANCHIS-GOMAR F, MARTINEZ-BELLO V, GOMEZ-CABRERA MC. Exercise acts as a drug; the pharmacological benefits of exercise. Br J Pharmacol. 2012; 167: 1-12. doi:10.1111/j.1476-5381.2012.01970.x

  8. WARBURTON DER, NICOL CW, BREDIN SSD. Health benefits of physical activity: the evidence. CMAJ. 2006; 174: 801-809. doi:10.1503/cmaj.051351