Gelenkerkrankungen & Arthrosen: Potenzial multimodaler Therapien
Die Prävalenz von Gelenkdegenerationen ist in den letzten 20 Jahren weltweit um 132 % auf 595 Millionen Menschen angestiegen. Sie betrifft alle Bevölkerungsschichten und kann nicht nur die Lebensqualität gravierend beeinträchtigen, sondern belastet zudem das Gesundheitssystem und die Gesellschaft. Für die multifaktorielle Ätiologie spielen mechanische Über- und Fehlbelastung, Gelenkverletzungen, Übergewicht, Inflammation, Degeneration, Alter und Ernährungsfaktoren wichtige Rollen (1, 9, 15, 18). Grundlegend für eine erfolgreiche Therapie ist die Beratung und Schulung der Betroffenen. Dies stärkt das Patienten-Arzt-Verhältnis und sichert die Compliance für gemeinsam besprochene Therapieansätze.
Individualisiertes Training kann als Königsdisziplin gegen Gelenkerkrankungen betrachtet werden mit nachweislichem Effekt auf Schmerzsymptomatik, Gelenkbeweglichkeit und Gleichgewicht der Betroffenen (7). Ausgewogen trainierte Muskel- und Fasziensysteme unterstützen die optimale Formation von Gelenken und Knochen. Das “richtige Training” beinhaltet regelmäßige Impulse für die Beweglichkeit und High Intensity Training (HIT). Kraft-in-der-Dehnung-Übungen (KiD) sind für alle Altersklassen in Therapie und Prävention hilfreich (12,13). Eine zusätzliche Trainingsvariante bietet Galileo Whole Body Vibration. Während dieses medizinischen Vibrationstrainings wird der Muskel durch reflexinduzierte Kontraktion passiv gedehnt (8, 9, 10).
Metaanalysen zeigen erste Hinweise, dass eine Bewegungstherapie ähnlich effektvoll sein kann wie eine medikamentöse Intervention (20). Empfohlen wird ein supervidiertes Training an drei Tagen pro Woche für acht bis zwölf Wochen mit mindestens 24 Trainingseinheiten. Eine niedrigere Therapiedichte (einmal pro Woche) ist ineffektiv. Die Intensität, die für eine positive Wirkung nötig ist, ist also bedeutend höher als das, was im deutschen Gesundheitssystem mit einem Heilmittelrezept oder einer Rehasport-Verordnung vorgesehen ist (3).
Die Studienlage zu antientzündlichen ernährungsmedizinischen Konzepten verdichtet sich. Grundlegende Komponenten für Gelenke, Knorpel, Bänder, Knochen, bindegewebige und fasziale Strukturen sind hierbei ausreichende Mengen an Proteinen (1,5 g bis 2,5 g/kg Körpergewicht), Vitaminen, Mineralstoffe, Omega-3-Fettsäuren (Zielbereich für Omega-3-Index: mind. 8 bis 11 Prozent) sowie Glucosamin. (6, 14, 17, 19). Eine Imbalance zwischen inflammatorischen und entzündungshemmenden Inhaltsstoffen kennzeichnet zunehmend unsere westliche Ernährungsweise. Dieses Ungleichgewicht kann mit marinen Omega-3 Fettsäuren korrigiert werden. Mittels Fettsäureanalysen hat sich hierfür eine Tagesdosis von ca. 2000 mg als effektiv für das Erreichen des optimalen Omega-3-Index‘ erwiesen (4).
Der Ausgleich von defizitären Vitamin-D-Wirkspiegeln und Vitamin-D-Rezeptorstörungen kann ebenfalls wirkungsvoll sein. Für die Leistungsfähigkeit von Stoffwechsel, Muskeln und Faszien etablierte sich nach Erfahrungswerten im Spitzensport, ebenso wie bei Führungskräften und in der Altersmedizin, das anti entzündliche Stoffwechseltrainings-Konzept „Glycoplan“ (11).
Ausblick
Hinter den anti-entzündlichen Ernährungskonzepten eröffnet sich das große Feld mikrobiomer Therapien. Über Metabolite des Mikrobioms können SCFA, NAD+, Biotin, Folsäure und Butyrat die Gelenkgesundheit im Sinne einer Darm-Knochen-Achse stärken (5, 8). Hinsichtlich eines besseren Verständnisses und erweiterten Therapieoptionen von Gelenkerkrankungen werden die Mitochondrien, bzw. die Problematik von mitochondrialem Overload und Dysfunktion eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Ihre Schlüsselfunktionen beinhalten die Synthese von Neurotransmittern, Metallproteinasen, Kollagen 2, Aggrecan und vielen anderen (10).
Zusammenfassung
Die Gelenk- und Knochengesundheit kann gezielt auf mehreren Systemebenen erhalten bzw. therapiert werden. Physikalische Therapien und individualisiertes variables Training stellen die Grundpfeiler dar. Ergänzend wirkt nachweislich eine antientzündliche Ernährungsweise, kombiniert mit Mikronährstofftherapien, bedarfsgerechten Omega-3-Fettsäuren, Proteinen, gesunden Zuckern, Monosacchariden und Phytopharmaka.
■ NORSAN GmbH, Autor: Dr. med. Kurt Mosetter
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