DZSM-MITTEILUNG

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Fortsetzung Sportmedizin – Quo Vadis?

In dieser krisenhaftigen Stimmung haben unsere Helden Nerven bewahrt und eifrig am Programm gearbeitet, Sitzungen gestaltet, Ehrengäste eingeladen und ein attraktives Rahmenprogramm festgelegt. Nicht unerwähnt sollen die vielen Helfer in den jeweiligen Vorständen sein, die dieses Unternehmen unterstützt und die unermüdlich die lokale Organisation vorangetrieben haben. Die Ausstellung musste auf Grund feuerpolizeilicher Einwände in ein großes Zelt hinter dem Institutsgebäude verlegt werden und die prinzipielle Durchführbarkeit des Kongresses stand in Frage. Aber trotzdem ist es dann geworden: Die Stadt hat die Zeltmiete übernommen und die Teilnehmer und Aussteller haben trotz großer Hitze im Zelt ausgeharrt. Der gemeinsame Kongress ist schließlich sehr gut gelungen: mehr als 900 TeilnehmerInnen und Aussteller, 321 Vorträge, 11 Workshops und 4 Instruktionskurse haben einen tollen Querschnitt durch die Sportmedizin geliefert – und zwar der gesamten Sportmedizin.

Seit langem hat sich das Fach Sportmedizin wieder in seiner ganzen Breite präsentiert. Überschneidungsthemen am Kongress haben klar herausgestellt, wie Training, Überlastung und die Leistungsphysiologie Querverbindungen zur Entwicklung von positiven oder aber auch negativen Auswirkungen auf den Bewegungsapparat haben. Die zellulären, molekularbiologischen und biochemischen sowie pathophysiologischen Zusammenhänge wurden aufgezeigt und durch konkrete experimentelle und klinische Nachweise dargestellt. Menschen, die sportliches Training absolvieren, haben bessere Karten in der Krebstherapie, die pathologischen Sehnenveränderungen brauchen dosiertes Belastungsregime um zu gesunden, präventive Übungen können Verletzungsmuster und Häufigkeiten beeinflussen und verbessern; um nur wenige Beispiele aus dem Vorlesungsreigen zu nennen, die auf großes Interesse gestoßen sind. Wichtig wäre in Zukunft, an den Jahreskongressen beider Gesellschaften eine Vortragsschiene des jeweilig anderen Faches zu etablieren.

Doch wie geht’s jetzt weiter. Viele Jahrzehnte hat sich die internistisch-leistungsphysiologische Sportmedizin getrennt von der Sportmedizin des Bewegungsapparates entwickelt. Die einen haben Forschung am Herz-Kreislaufsystem und Metabolismus im Sport vorangetrieben und im Bereich der Orthopädie und Traumatologie hat sich die sportrelevante Chirurgie, mit vor allem arthroskopischen Gelenkeingriffen, etabliert. Das Feld der Sportmedizin als breites Fach der Betreuung von SportlerInnen und die Anwendung von Sport als präventives und therapeutisches Thema ist in der Mitte übrig geblieben. Nach diesen Jahren der getrennten Entwicklung war es spannend zu sehen, wie viel Gemeinsames da eigentlich zu
bearbeiten wäre.

Wie schaut es international in Europa aus? Leider ist die Sportmedizin in fast allen Ländern Europas kein eigenes Fach geworden. Eine multidisziplinäre Gruppe (MJC) innerhalb der europäischen Facharztgruppen (UEMS) versucht derzeit wieder, einen Antrag auf die Anerkennung eines europäischen-sportmedizinischen Curriculums zu stellen, aber die nationalen Kräfte sind zu unterschiedlich um an einen Strang ziehen zu können.

In Österreich wurde das Thema Sportmedizin bei der Facharztreform 2014 nicht aufgegriffen, derzeit sind auch die Additvfächer Sportmedizin aufgehoben und noch keine Spezialisierungen formuliert. Es fehlt in der Spitals- und Ambulanzlandschaft in der Grundversorgung ganz einfach die Struktur, in der Sportmedizin betrieben werden kann. Leider reduzieren sich universitäre Institute und Professuren, die sich mit sportmedizinischen Inhalten auseinandersetzen. Zudem droht der Verlust der letzten sportmedizinischen Lehrstühle in der Universitätslandschaft. Im Bereich der sportpädagogischen Studien und Sportwissenschaften ist die Sportmedizin nur mehr peripher angesiedelt, und in den großen Unikliniken ist das Thema sehr klein geworden oder, wie in, Wien fast ganz verschwunden.

Ein Trend, der sich in ganz Europa zeigt, dass die SportlerInnenbetreuung zunehmend in die Privatmedizin abgewandert ist und damit die Sportmedizin auch als wichtiges präventives Thema sowie auch die Kompetenz in den Kliniken für sportassoziierte Probleme verloren geht. Dabei hat die Sportmedizin im Verständnis des Herz-Kreislaufsystems, des Muskelstoffwechsels, der Immunologie aber auch der Adaptationsphänomene und Überlastungssyndrome große Beiträge geliefert.