DZSM-MITTEILUNG

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Fortsetzung »Sport muss eine reale, körperbezogene Erfahrung bleiben«

Warum zieht der DOSB nicht einfach eine klare Grenze gegenüber eSport?

Der DOSB muss die Interessen seiner Mitgliedsverbände vertreten und darunter sind auch solche, die für sich für eSport stark machen – allen voran der Deutsche Fußball-Bund, der eSoccer, also fußballbezogene Spiele, für sich nutzen möchte, beispielsweise in Form von Veranstaltungsformaten, die neue Einnahmequellen generieren.

Die Befürworter sagen ja, durch eSport könne man Kinder und Jugendliche beispielsweise zum Fußball auf dem grünen Rasen bewegen.

Dieses Argument halte ich für geradezu absurd. Wenn jemand vom eSport fasziniert und darin auch gut ist, warum sollte er dann in den analogen Fußball wechseln? Falls Sportvereine tatsächlich zunehmend eSport anbieten, gilt es unbedingt empirisch zu prüfen, ob diese Angebote tatsächlich genutzt werden, um Kinder und Jugendliche zum analogen Sport zu bringen. In meinen Augen sind das nur legitimierende Argumente, um kommerzielle Interessen zu rechtfertigen.

Unklarheit besteht häufig beim Begriff »Sportsimulation«

Hier gilt es genau zu unterscheiden: Es gibt Dinge wie die Golfsimulation, wo Sie vor einer Videowand stehen, Ihre Schlagbewegungen machen und das dann digital abgebildet wird. Ähnlich ist das beim digitalen Bogenschießen. Man hat also jeweils Bewegungen, die sich als sportartspezifisch zuordnen lassen und bei denen lediglich das Ergebnis der kommunizierten körperlichen Leistung digital abgebildet wird. Ich sehe kein Problem darin, so etwas unter dem Sportbegriff zu subsumieren, während Spiele wie FIFA oder NBA2K mit Sport nichts zu tun haben. Die einzige Analogie besteht darin, dass hier sportliche Handlungen simuliert werden.

Wie kann die Debatte weitergehen?

Das Positive an der aktuellen Debatte ist, dass man überhaupt aufklärt, und die Entwicklung ist völlig offen. Wir werden in den meisten gesellschaftlichen Bereichen nicht umhin kommen, die Digitalisierung weiter voranzubringen. Aber je mehr wir das tun, desto mehr brauchen wir auch Bereiche, in denen die Folgen der Digitalisierung abgepuffert werden, wo man dem Bewegungsmangel entgegenwirkt. Sport ist ein ideales Gegengewicht, weil er authentische, reale, körperbezogene Erfahrungen ermöglicht – nicht nur im Wettkampf, sondern auch im Gesundheitssport und im Freizeitbereich. Der Sport kann sich seine gesellschaftliche Legitimation gerade darüber sichern und bewahren, dass er diese analoge Bastion bleibt. Als Soziologin kann ich da nur aufklären, kann Funktionen und Folgen aufzeigen. Ich würde mir wünschen, dass sich auch andere Disziplinen wie etwa die Sportmedizin zunehmend einmischen und ihre Perspektiven einbringen.

■ Trutter M