DZSM-MITTEILUNG

Seite 2 / 6

Fortsetzung 70 Jahre Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin – Auf den Schultern von Giganten nach den Sternen greifen?

In der Renaissance werden Wissenschaft und Technologie zunehmend wichtig und auch der Körper wird zum Gegenstand zuerst naturphilosophischer und dann naturwissenschaftlicher Überlegungen. Basis sind die Entdeckungen des Kreislaufs durch William Harvey 1628, des Sauerstoffs durch Joseph Priestley 1771 und über den Verbrauch von Sauerstoff bei Arbeit durch Antoine de Lavoisier und Armand-Jean-Francois Séguin 1789.

Der Hallenser Professor Friedrich Hoffmann publizierte als erster Arzt Anfang des 18. Jahrhunderts zu den Effekten von Leibesübungen. 1796 publizierte Christoph Wilhelm Hufeland in Jena die „Makrobiotik oder Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“ und begründet eine Lehre der Prävention unter besonderer Berücksichtigung der Körperbewegung (27). Grundvoraussetzung waren die erwähnten Verbesserungen der Lebensumstände und die Entwicklung eines Bürgertums, das sich im Umfeld der französischen Revolution gesellschaftlich verselbständigte, wozu auch Turnen und andere Sportaktivitäten gehörten. Die enge Verbindung der Nationalvereine und der Turnbewegung wird am Hambacher Fest 1832 deutlich. Das Selbstverwaltungsrecht des Sports begründet sich in dieser bürgerlichen Tradition.

Akute Erkrankungen bestimmten aber weiter den klinischen Alltag. Das Verbringen des Patienten in eine warme Krankenstube, körperliche Ruhe und leichte Ernährung waren oft die beste Medizin für unterernährte, unterkühlte und überarbeitete Menschen. Diese Grunderfahrung bestimmte die Medizin bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhundert und körperliche Bewegung war bei den meisten internistischen Erkrankungen kontraindiziert.

Physiologie, Biochemie und Pathologie als Basis der Sportmedizin

Das Gesetz zur Erhaltung der Energie wurden von JR von Maier 1845 formuliert, Max Rubner erweiterte es 1893 auf biologische Wesen und die Ernährung. Max Pettenkofer entdeckte im Muskel Kreatinin und publizierte Stoffwechseluntersuchungen mit Carl Voit. Sein Schüler Nathan Zuntz als Professor für Physiologie an der Universität Berlin führte systematische Untersuchungen zum Gasaustausch und körperlicher Arbeit sowie die ersten ambulanten Untersuchungen auf dem Laufband, bei einem Marsch oder bei einer Ballonfahrt durch. Das von Ernst August Pflueger 1868 gegründete „Pflueger´s Archiv” ist die erste Zeitschrift, in der kontinuierlich aus Sport und Arbeitsphysiologie berichtet wurde. Im Dortmunder Institut für Arbeitsphysiologie wird 1928 von Lehmann die „Zeitschrift für Arbeitsphysiologie“ gegründet, die 1955 als Internationale Zeitschrift für angewandte Physiologie einschließlich Arbeitsphysiologie weitergeführt sowie 1972 in European Journal of Applied Physiology umbenannt wurde.

Die Entstehung von Sportmedizin als Fach

Artur Mallwitz publizierte die erste sportmedizinische Dissertation im Jahr 1908 zur Leistungsfähigkeit von Sportlern (10). Im Jahr 1911 wurde in Dresden auf einer internationalen Hygieneausstellung ein Sportlaboratorium ausgestellt, in dem anthropometrische, röntgenologische, ergometrische und physiologische Messungen möglich waren. 1912 fand der erste sportmedizinische Kongress in Oberhof/Thüringen statt. Mit der Gründung der Deutschen Hochschule für Leibesübungen (DHfL) als freie Hochschule der Sportverbände im Jahr 1920 mit dem Chirurgen August Bier als Rektor und Carl Diem als Prorektor wurden Sportmedizin und Sport als Fächer etabliert. Kurz danach wurde 1924 vom „Deutschen Ärztebund zur Förderung der Leibesübungen“ die Zeitschrift „Der Sportarzt“ gegründet.

Faszinierend für die Sportmedizin waren die fundamentalen Entwicklungen aufgrund der Physiologie und Biochemie, unter anderem A. V. Hill mit der Darstellung der maximalen Sauerstoffaufnahme als Begriff für Ausdauerleistung und die Begriffe Sauerstoffdefizit, Steady State und Sauerstoffschuld (6). Margaria publizierte 1933 das erste Mal über den Zusammenhang von Laktatbildung und Sauerstoffdefizit (12). (Weiter im Text auf der nächsten Seite)