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Diabetes Typ 1 und 2 – Zuckersüß und sportlich aktiv

Diabetes Typ 1 und 2 – Zuckersüß und sportlich aktiv
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Man muss mit einem Diabetes mellitus Typ 2 nicht gleich Hochleistungssport betreiben, wie das der britische Ruderer Steve Redgrave tat und fünf­mal Gold bei den Olympischen Spielen gewann. Aber dass körperliche Aktivität und Sport sowohl im prädiabetischen Zustand bei gestörter Glukosetoleranz (IGT) als auch bei einer manifesten Diabetes-Erkrankung gute Ideen sind, ist inzwischen weithin bekannt und mit Evidenz unterfüttert. Doch welche Effekte sind genau zu erwarten, welche Bedeutung hat das für die Therapie und wo liegen Schwierigkeiten in der Umsetzung?

Positive Wirkungen auf Gesundheit und Geldbeutel

Di Loreto et al. veröffentlichten 2005 die Ergebnisse einer Untersuchung über die Auswirkungen verschiedener Umfänge von körperlicher Aktivität auf relevante physiologische und biochemische Parameter bei Typ-2-Diabetikern. Über einen Zeitraum von zwei Jahren wurden Patienten regelmäßig untersucht und befragt.

Zu Beginn erhielten sie eine umfassende Ernährungsberatung sowie Empfehlungen zu körperlicher Aktivität, die sie selbstständig durchführten (oder auch nicht). In der Rückschau zeigte sich, dass ab einer Erhöhung der körperlichen Aktivität von 11 MET (metabolic equivalent of task) positive Effekte einsetzen, nämlich: Reduktion von HbA1c-Wert (»Langzeitblutzucker«), Blutdruck, total Serumcholesterol sowie der Triglyceride und des geschätzten 10-Jahres- Risikos für koronare Herzkrankheiten. Mit weiterer Zunahme der Aktivität (>20 MET)verringerten sich auch Körpergewicht, Hüftumfang, Herzfrequenz, Nüchternblutzucker und HDL- und LDL-Cholesterin im Serum. Durchschnittlich, so die Autoren, scheint ein Energieverbrauch von 27 MET pro Woche durch Sport optimal zu sein, um von allen positiven Effekten zu profitieren.

Doch wie sieht die Kostenseite aus? Die direkten Kosten der Erkrankung (Medikamente gegen Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen) verringerten sich im Durchschnitt um 259 $ pro Jahr und andere krankheitsbedingte Kosten um 298 $. Bei den Teilnehmern, deren körperliche Aktivität weniger als 10 MET betrug, erhöhten sich hingegen die Kosten um mehrere hundert Dollar pro Jahr. Somit sind Einsparungen durch sinkende Krankheitskosten bei steigender Anzahl an Übergewichtigen und Diabetikern auch ein relevanter Faktor im Gesundheitssystem.

DiSko – zur Bewegung bewegen

Seit 2008 gibt es ein zertifiziertes und abrechenbares Schulungssystem, das Diabetiker zum Sport motivieren soll (DiSko). Denn obwohl die Ergebnisse der Studien so eindrücklich und überzeugend sind, ist die Zielgruppe – häufig übergewichtige Menschen mit wenig sportlichen Ambitionen – nicht so leicht zu begeistern und nachhaltig zur Bewegung zu bewegen. Hier setzt ein von der Stiftung Diabetes & Herz ausgezeichnetes Schulungsprogramm an. Es wurde unter der Leitung von Dr. Wolf-Rüdiger Klare konzipiert und von der gemeinsamen Arbeitsgruppe Diabetes & Sport der Deutschen Diabetes Gesellschaft und des Verbands der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. entwickelt. Ein gemeinsamer, halbstündiger Spaziergang mit Messung des Blutzuckerspiegels und der Herzfrequenz vor und nach der Aktivität zeigt den Teilnehmern anschaulich die Wirkung von Bewegung (die weit entfernt davon ist, »Sport« zu sein) auf den Blutzuckerspiegel und den Status Quo der körperlichen Leistungs­fähigkeit.

»In einer Studie mit Prof. Halle aus München wurde verglichen, wie sich Patienten ein Jahr nach der Diabetes-Schulung entwickelt hatten. Diejenigen, die zusätzlich zu den üblichen Schulungsinhalten auch das DiSko-Modul mitgemacht hatten, waren nachweislich leistungsfähiger, körperlich aktiver und hatten Gewicht abgenommen«, erklärt Dr. Klare, Chefarzt und Leiter des Diabeteszentrums Hegau-Bodensee.

Eine aktuelle Studie aus Kanada kommt nach einem Untersuchungszeitraum von elf Jahren zu dem Ergebnis, dass die Bewohner von Stadtvierteln, in denen mehr Alltagsbewegung stattfindet (»higher walkability«), eine verminderte Prävalenz von Übergewicht, Adipositas und Diabetes aufweisen. Zwar müssen die Ergebnisse noch untermauert werden, aber die Tendenz scheint den positiven Effekt von Alltagsaktivität zu bestätigen.

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