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Fortsetzung Dauerbrenner Adipositas

Woran also liegt es, dass wir so mit unseren Bemühungen scheitern? In keinem Land sanken in den letzten 30 Jahren die Zahlen der Prävalenz von Übergewicht und Adipositas (18, 38). Und welche neuen Impulse könnten hier eine Besserung erbringen? Da es sich um ein weltweites Problem handelt, kann man rund um den Globus beobachten, welche Maßnahmen in anderen Ländern erfolgreich durchgeführt wurden.

Staatliche Maßnahmen können die Ernährung der Bevölkerung gezielt beeinflussen (1, 10, 25, 36, 43). In Dänemark konnte über eine Besteuerung eine Abnahme des Konsums der gesättigten Fettsäuren um 10-15% erzielt werden (14). In Ungarn wurde über eine gezielte Besteuerung eine Reduzierung des Verbrauchs „ungesunder Produkte“ um 25-35% erreicht (28). Mexiko konnte über eine Verteuerung gesüßter Getränke, die ca. 15% der Kalorienzufuhr decken (2), ebenso den Verbrauch positiv beeinflussen (5). Über die so veränderten Absatzzahlen kann Druck auf die Nahrungsmittelunternehmen aufgebaut werden.

So veränderten einige Hersteller in Ungarn die Zusammensetzung der Nahrungsmittelprodukte, um die Besteuerung zu umgehen. Ebenso führte die Verpflichtung in den USA, Kanada und Südkorea, den Gehalt an Trans-Fettsäuren auf dem Produkt zu deklarieren, zu einer Abnahme des Gehaltes an Trans-Fettsäuren durch eine Reformulierung der Lebensmittel (23, 33, 47). Eine profitorientierte Nahrungsmittelindustrie verfolgt das Ziel, von kostenoptimiert herzustellenden Produkten mehr abzusetzen. Daher werden Zutaten wie Zucker, Fette und Salz sowie Geschmacksverstärker, Additiva und Koffein, oder deren Zusammensetzung verändert, um Verkauf sowie Wertschöpfung zu optimieren (12).

Viele der ultraprozessierten Nahrungsmittel enthalten nur wenig Ballaststoffe oder Protein, obwohl bekannt ist, dass diese Inhaltsstoffe die Sättigung steigern und die Resorption von anderen Inhaltsstoffen, wie z. B. Zucker, verzögern könnten. Moderne Nahrungsmittel sind hingegen oftmals in einer Art verändert, die es für den menschlichen Organismus erschwert, den Appetit und damit das Gewicht zu kontrollieren. Tierexperimente zeigen, dass ultraprozessierte Nahrungsmittel, die viel Zucker, Fett und Salz enthalten, zu Änderungen im Verhalten und in neurobiochemischen Reaktionen führen, ähnlich einem Suchtverhalten (15). Dies erinnert sehr an die Zigarettenindustrie, die trotz Wissen um die Schädlichkeit des Rauchens weiterhin versuchte, die Abhängigkeit von Zigaretten durch Zusatzstoffe weiter zu steigern. Diese biologische Empfindlichkeit bezüglich ultraprozessierter Nahrungsmittel ist besonders für Kinder gefährlich, da sie mehr als Erwachsene auf süße Speisen ansprechen (7, 40).

Insbesondere bei den Jüngsten ist die richtige Weichenstellung enorm wichtig, damit sie nicht die Patienten von morgen werden. Bereits in der Schwangerschaft wird über die maternale Ernährung der fetale Phänotyp beeinflusst. Postpartal gilt Stillen als optimale Ernährungsform und sollte wenn irgend möglich die Säuglingsernährung darstellen. In Ergänzung müssen wir Anstrengungen unternehmen, um eine Umgebung zu schaffen, in der gesunde Verhaltensmuster erlernt werden können.

Bild Prävalenz der Adipositas bei über 15jährigen
Prävalenz der Adipositas bei über 15jährigen im Jahr 2015 oder der zeitlich nächstliegenden Erhebung (aus [35]). © DZSM 2017
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