Seite 3 / 3

Fortsetzung Bewegung & Neuroplastizität: Das Gehirn – kein Muskel und doch unglaublich trainierbar

Verlust von Fähigkeiten kompensieren

Viele der Forschungsergebnisse stammen aus Untersuchungen darüber, wie der Verlust von Fähigkeiten oder eines Sinnes kompensiert werden können. Man stellt dann fest, dass massive Reorganisationen im Gehirn geschehen. Diese Veränderungen sind lebenslang möglich. Untersuchungen mit Schlaganfall-Patienten, die körperliche Beeinträchtigungen hatten, zeigen, dass diese stark von intensiver Physiotherapie profitieren (4). Das liegt einerseits sicherlich an der Bewegung an sich, die wieder »geübt« wird, andererseits deutet vieles darauf hin, dass körperliche Aktivität unmittelbare Auswirkungen auf das Gehirn hat, um die Defizite soweit möglich auszugleichen.

Kinder mit Cerebralparese, also einer Bewegungsstörung aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung, profitieren sehr davon, wenn sie sich bewegen, und sogar davon, wenn sie bewegt werden. In einer Untersuchung wurden betroffene Kinder auf Rüttelplatten bewegt, was zu signifikanten Verbesserungen von Gangbild, Ganggeschwindigkeit, maximalem Winkel im Sprunggelenk und Umfang der Fuß- und Wadenmuskulatur führte. Prof. Röder und ihre Arbeitsgruppe führen derzeit ein Forschungsprojekt durch, um zu eruieren, in welchem Umfang Bewegung für die Kompensation eines Sinnessystems förderlich ist und wie sie gezielt in der Rehabilitation eingesetzt werden kann. Denn dass Bewegung dabei positiven Nutzen bringen wird, hält sie für sicher: »Wir haben noch nie irgendwelche negativen Effekte von Sport auf das Gehirn gefunden. Es gibt – was das Gehirn angeht – also keinen Grund, keinen Sport zu machen!«

Praktisches Beispiel der Neuroplastizität: Video über Andrew Short, einen jungen Mann mit Cerebralparese, der durch intensives körperliches Training seine Behinderung kontrolliert.
The brain that changed: Walking the Great Wall of China with cerebral palsy – The Feed.
https://youtu.be/0G4GMaxHuUQ

■ Hutterer C

Ähnliche Beiträge zum Thema finden Sie weiter unten!

Quellen:

  1. Kramer AF, Hahn S, Cohen NJ, Banich MT, McAuley E, Harrison CR, Chason J, Vakil E, Bardell L, Boileau RA, Colcombe A. Ageing, fitness and neurocognitive function. Nature. 1999; 400: 418-419. doi:10.1038/22682

  2. The Brain-Body Connection: GCBH Recommendations on Physical Activity and Brain Health. Global Council on Brain Health (GCBH). http://www.aarp.org/content/dam/aarp/health/brain_health/2016/05/gcbh-the-brain-body-connection.pdf

  3. Hötting K, Röder B. Beneficial effects of physical exercise on neuroplasticity and cognition. Neurosci. Biobehav. Rev. 2013; 37: 2243-2257. doi:10.1016/j.neubiorev.2013.04.005

  4. Lo AC, Guarino PD, Richards LG, Haselkorn JK, Wittenberg GF, Federman DG, Ringer RJ, Wagner TH, Krebs HI, Volpe BT, Bever CT Jr, Bravata DM, Duncan PW, Corn BH, Maffucci AD, Nadeau SE, Conroy SS, Powell JM, Huang GD, Peduzzi P. Robot-assisted therapy for long-term upper-limb impairment after stroke. N Engl J Med. 2010; 362: 1772-1783. doi:10.1056/NEJMoa0911341