Bergsteigen bei Herz-Kreislauferkrankungen kann möglich und sinnvoll sein

Bergsteigen bei Herz-Kreislauferkrankungen kann möglich und sinnvoll sein
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Bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist regelmäßige körperliche Betätigung eine der tragenden Säulen. Meist wird zu typischen herzaktiven, aber moderaten Bewegungsarten wie Walking oder Radfahren geraten. Aber was, wenn eine Herzpatientin oder ein Herzpatient nun einmal die Berge liebt? Muss Bergsteigen, das ja durchaus ganz eigene Bedingungen mit sich bringt, strikt von der Liste der erlaubten Sportarten gestrichen werden? Nicht unbedingt, sagt nun ein Gremium aus europäischen Kardiologie-Verbänden und italienischen Medizinern. Die Forscher haben eine Vielzahl von Studien auf Hinweise daraufhin untersucht, wie sich körperliche Anstrengung in Höhenlagen auf Herzkranke auswirkt (1).

Physiologische Kompensation durch Höhe

Die buchstäbliche „dünne Luft“ in Höhenlagen ab etwa 2500 Metern verlangt dem kardiorespiratorischen System wegen des abnehmenden Sauerstoffgehalts einige Kompensationsleistungen ab. In Zahlen: Während auf Meereshöhe ein alveolärer Sauerstoffpartialdruck von 100 mmHg herrscht, sind es in 3000 Metern Höhe nur noch 67 mmHg. Um ausreichend Sauerstoff aus der Umgebungsluft zu beziehen, müssen also in der Höhe Herz und Atmung verstärkt arbeiten. Bei schwerer koronarer Vorerkrankung und falschem Verhalten könnte daraus im schlechtesten Fall etwa ein Lungenödem oder ein Rechtsherzversagen resultieren.

Bergsteigen: Was empfehlen die Experten?

Die an der Auswertung beteiligten Experten sind sich einig: Wenn Bergsteigen in vernünftigem Maß und unter Ausschluss persönlicher Risikofaktoren betrieben wird, kann es auch für Herzpatienten unter „förderliche Sportarten“ eingereiht werden. Ihre entsprechenden Empfehlungen richten sich an die häufigsten Koronar-Patientengruppen:

Bei Herzinsuffizienz

Kürzere Höhenaufenthalte bei leichter bis mäßiger Anstrengung für Patienten der NYHA-Klassen I–III fast immer ungefährlich. Eventuelle Komorbiditäten vorher abklären lassen! Wichtig: ab 2500 m langsam aufsteigen (pro Tag max. 500 m)
– NYHA I–II: Höhen bis 3500 m sicher
– NYHA III: bis 3000 m sicher
– NYHA IV: extreme Höhenlagen meiden
– Medikation: hinsichtlich kompensatorischer Wechselwirkungen prüfen! (z. B. könnten Angiotensinrezeptorblocker und ACE-Hemmer den in der Höhe notwendigen Anstieg von Hämatokrit und Sauerstoffbindekapazität abschwächen.)

Bei ischämischen Herzkrankheiten

Trainierte Patienten mit geringem ischämischem Risiko können unter bestimmten Bedingungen von mäßiger Anstrengung in Höhenlagen profitieren. Für sogar auf Normalhöhe untrainierte Ischämie-Patienten wird von Bergsport abgeraten. Vorsicht ist in den ersten 6 bis 12 Monaten nach Herzinfarkt, Bypass- oder Stent-OP angesagt. Medikation unbedingt vorab prüfen, insbesondere hinsichtlich Plättchenhemmung nach Stentimplantation!
– CCS 0–1: Höhen bis 4200 m bei niedriger bis moderater Anstrengung sicher
– CCS II–III: Höhen bis 2500 m bei maximal leichter Anstrengung sicher
– CCS IV: extreme Höhenlagen meiden

Bei Hypertonie

Fast alle ausreichend trainierten Bluthochdruckpatienten dürfen durchaus bergsteigen. Essenziell ist hier die medikamentöse Einstellung und selbstverständlich eine sehr regelmäßige Blutdruckkontrolle.
– Mäßige, gut eingestellte Hypertonie: Höhen bis 4000 m sicher, oberhalb 4000 m nach Absprache mit dem Arzt-
– Schwere, nicht kontrollierte Hypertonie: extreme Höhenlagen meiden
– Medikation: hinsichtlich kompensatorischer Wechselwirkungen prüfen (siehe unter „Herzinsuffizienz“)!

Bei Herzrhythmusstörungen

Ist der gesundheitliche Zustand insgesamt gut, können Arrhythmie-Patienten bei mäßiger bis moderater Anstrengung bergsteigen. Dies gilt auch auch z. B. nach Versorgung mit Schrittmacher oder ICD. Liegen ernste (insbesondere ventrikuläre) Arrhythmien vor, sollten Höhenlagen über 3000 bis 3500 m nicht überschritten werden.

Für Patienten mit Lungenhochdruck und ischämischem oder hämorrhagischem Schlaganfall lagen den Studienautoren zu wenige Daten vor, um eindeutige Empfehlungen daraus abzuleiten. Korrigierte angeborene Herzfehler sind zu individuell, um in einer allgemeinen Empfehlung aufzutauchen. Insgesamt sind weitere Studien zum Thema notwendig.

■ Kura L

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Quellen:

  1. Parati G, Agostoni P, Basnyat B, Bilo G et al. Clinical recommendations for high altitude exposure of individuals with pre-existing cardiovascular conditions: A joint statement by the European Society of Cardiology, the Council on Hypertension of the European Society of Cardiology, the European Society of Hypertension, the International Society of Mountain Medicine, the Italian Society of Hypertension and the Italian Society of Mountain Medicine. Eur Heart J 2018; 39: 1546-1554. doi: 10.1093/eurheartj/ehx720