Sportmedizin im Wandel
ORIGINALIA
Einfluss der Muskelermüdung auf das Laufen

Einfluss lokaler Ermüdung der Plantar- und Dorsalflexoren auf die plantare Druckverteilung beim Laufen in drei Geschwindigkeiten

Influence of Local Fatigue of the Plantar Flexors and Dorsiflexors on Plantar
Pressure during Running at Three Running Speeds

ZUSAMMENFASSUNG

Muskelermüdung beim Laufen, kann die Absorption der Aufprallkräfte beeinträchtigen und das Risiko für Laufverletzungen steigern. Über die Veränderung der plantaren Druckmaxima unter dem Fuß existieren widersprüchliche Befunde. Die Studie verfolgt das Ziel, den Einfluss eines standardisierten Ermüdungsprotokolls auf die plantare Druckverteilung bei Rückfußläufern unter Berücksichtigung der Beinasymmetrie zu untersuchen.
Im Labortest mit Messwiederholung nahmen 30 männliche Freizeitläufer nach Eingewöhnung auf dem Laufband (11-15 km/h) teil. Das isokinetische Ermüdungsprotokoll der Plantar- und Dorsalflexoren umfasste zehn Sätze à sechs konzentrischen Kontraktionen (10s Satzpause, ω=60°/s). Das plantare Druckmaximum unter der Ferse, Mittel- und Vorfuß wurden varianzanalytisch geprüft.
Im Krafttest war das linke Bein stärker und zeigte im Laufbandtest höhere plantare Druckwerte unter der Ferse, auch unter Ermüdung. Infolge des Ermüdungsprotokolls sanken die Plantarflexoren auf 52-61% und die Dorsalflexoren auf 35-41% der isometrischen Maximalkraft. Das plantare Druckmaximum unter der Ferse bzw. dem Vorfuß nahm um 8,3 bzw. 5,9% ab.
Wie angenommen, bestand eine Beinasymmetrie und das Ermüdungsprotokoll reduzierte die Leistungsfähigkeit der Dorsalflexoren stärker, da die Plantarflexoren aufgrund ihrer größeren Muskelmasse ermüdungswiderstandsfähiger sind. Die herabgesetzten Druckwerte stützen die Annahme einer möglichen Schutzstrategie, um bei Ermüdung Verletzungen entgegenzuwirken. Zur Verletzungsprävention sollte Krafttraining der Fußmuskulatur mit Schwerpunkt auf die weniger leistungsfähigen Dorsalflexoren und das kraftschwächere Bein erfolgen.

SCHLÜSSELWÖRTER: Beinasymmetrie, muskuläre Dysbalance, Isokinetik, Laufband

SUMMARY

Muscle fatigue can affect the absorption of impact forces during running andincrease the risk for running injuries. Conflicting results exist about the change of plantar pressure maxima. The study aimed to examine the influence of a standardized fatigue protocol on plantar pressure distribution of rearfoot strike runners considering leg strength asymmetries.
In a laboratory test with repeated-measures,30 male runners participated after familiarization on the treadmill (11-15 km/h). An isokinetic fatigue protocol included ten sets of six concentric contractions (10s set break, ω=60°/s). The peak pressure under the forefoot, midfoot and heel were tested with an analysis of variance.
In the strength test, the left leg was stronger and showed higher plantar pressure under the heel, even duringfatigue in the treadmill test. The plantar flexors decreased to 52-61%and the dorsiflexors to 35-41%of the isometric maximum strength. Maximum of plantar pressure under the heel and forefoot decreased to 8.3%and 5.9%.
As hypothesized, there was a leg asymmetry and the fatigue protocol reduced the performance of dorsiflexors more intensely, because plantar flexors are more fatigue-resistant due to their greater muscle mass. The reductions in pressure values may indicate a possible protective strategy to counteract injuries during muscle fatigue. For injury prevention, strength training of the foot muscles with focus on dorsiflexors and the weaker leg is recommended,in addition to running.

KEY WORDS: Leg Asymmetry, Muscular Imbalance, Isokinetic, Treadmill

EINLEITUNG

Laufen verbessert den Gesundheitszustand und erhöht die Ausdauerfähigkeit, aber auch das Verletzungsrisiko des Sportlers von 20 auf 79% (19). Ein Grund für den Anstieg des Verletzungsrisikos kann in der Muskelermüdung liegen (7, 9, 13, 16). Veröffentlichungen zum Einfluss der muskulären Ermüdung auf die plantare Druckverteilung und Bodenreaktionskräfte beim Laufen erbrachten unterschiedliche Ergebnisse, ohne den Effekt der Ermüdung abschließend zu klären. Bei Rückfußläufern wird ein erstes passives und zweites aktives Kraftmaximum festgestellt. Im Unterschied weisen Mittel- und Vorfußläufer kein oder nur ein geringes erstes Maximum auf. In einer Metaanalyse zur Veränderung der Bodenreaktionskraft nach Ermüdung stellten Zadpoor und Nikooyan eine besondere Bedeutung der aktiven zweiten Spitze der vertikalen Bodenreaktionskraft fest, da dieses Kraftmaximum die muskuläre Reaktion infolge des Aufpralls widerspiegelt (26). Dabei wird einerseits angenommen, dass die Fähigkeit der adäquaten Schockabsorption bei Ermüdung abnimmt, woraufhin die Bodenreaktionskraft ansteigt, um diesem Effekt entgegenzuwirken. Andererseits wird eine Verringerung der Bodenreaktionskraft unterstellt, da der menschliche Körper über eine Schutzstrategie verfügt, die diese Reaktion veranlasst, um Verletzungen vorzubeugen (26).
Studien zur plantaren Druckverteilung nach Ermüdung weisen übereinstimmende, aber auch abweichende Befunde auf. Es wird über höhere (2, 23, 24), geringere (2, 7, 24) plantare Druckmaxima oder keine Veränderung (1) als Ergebnis der Ermüdung berichtet. In Abhängigkeit von der Fußzone wurden nach einem 20-Kilometer-Lauf eine Erhöhung des plantaren Drucks unter dem Vor- und Mittelfuß sowie der medialen Ferse und eine Reduktion unter den lateralen Zehen gefunden (24).
Die Ermüdung beeinflusst die Schrittfrequenz und Schrittlänge beim Laufen, wobei sich eine Reduktion der Schrittfrequenz und ein Anstieg der Schrittlänge (7, 8, 12) bzw. kein Wechsel (1) zeigten. Außerdem zeichnet sich Laufen auf dem Laufband durch eine veränderte Schrittfrequenz aus (7, 17, 22). Bei moderater Laufgeschwindigkeit (3,8m/s) wurden eine kürzere Schrittlänge und eine höhere Schrittfrequenz im Vergleich zum Laufen auf natürlichem Untergrund beobachtet (11). Aufgrund der Beeinflussung der Laufbewegung werden Laufbandergebnisse kontrovers diskutiert (7), aber von verschiedenen Autoren trotzdem als repräsentativ für Laufuntersuchungen betrachtet (6, 17).
Im Allgemeinen ist die Kraftfähigkeit beider Beine nicht gleich, wobei das Sprungbein kräftiger als das Spielbein ist. Deshalb wird zwischen leistungsdominantem Bein, das im Sprungtest höhere Weiten erzielt, und dem bevorzugten Bein, das zur Manipulation von Gegenständen (z. B. einem Fußball) genutzt wird, unterschieden (18). Zur Beinasymmetrie beim Laufen existieren nur wenige biomechanische Analysen, die keine signifikanten Differenzen in der Kinematik und der Bodenreaktionskraft im Vergleich des leistungsdominanten vs. nicht dominanten (bevorzugten) Beines vor bzw. nach Ermüdung ergaben (3, 10).

PROBLEM- UND ZIELSTELLUNG

Bisher liegen nur wenige Studien zur Wirkung einer standardisierten Ermüdung der Plantar- und Dorsalflexoren auf die plantare Druckverteilung beim Laufen von Rückfußläufern unter Berücksichtigung der Beinasymmetrie vor. Hier setzt die Studie an. Es wird erwartet, dass die Beinasymmetrie und ein lokales Ermüdungsprotokoll zu einer unterschiedlich herabgesetzten muskulären Leistungsfähigkeit der Plantar- und Dorsalflexoren führen und sich beim Laufen mit verschiedenen Geschwindigkeiten in Veränderungen der plantaren Druckwerte bei Rückfußläufern niederschlagen

MATERIAL UND METHODEN

Die Laborstudie umfasste eine Übungseinheit und zwei separate Testeinheiten, wobei nur der Test 2 in die Auswertung eingeschlossen wurde. An der Studie nahmen 30 männliche Freizeitläufer (KH=181,1±5,0 cm, KM=79,3±9,1 kg, Alter=26,9±4,0 J.) mit Rückfußaufsatztechnik teil, die zwei bis drei Mal wöchentlich laufen. Die Bestimmung des Fußaufsatzes erfolgte anhand der Kraftkurve. Nur wenn ein erstes passives Kraftmaximum im Abrollverhalten beider Füße in den drei Laufgeschwindigkeiten auftrat, wurde der Proband als Rückfußläufer identifiziert und in die Studie eingeschlossen. Vor Untersuchungsbeginn wurde ein Ethikvotum bei der Ärztekammer Hamburg eingeholt.
In der Übungseinheit wurden die Probanden mit den Tests und dem Laufen auf dem Laufband vertraut gemacht. In der Testeinheit erfolgte zunächst eine zehnminütige Erwärmung mit steigender Laufgeschwindigkeit bis maximal 15 km/h. Nach fünf Minuten startete der Laufbandtest vor dem Ermüdungsprotokoll in den Stufen 11, 13 und 15km/h. Die Probanden liefen mit Socken ohne Schuhe. Nach einer kurzen Gewöhnung an die jeweilige Laufgeschwindigkeit zeichnete das Messsystem Laufzyklen über 30s auf (Baseline). Anschließend wurde der isometrische Maximalkrafttest (zwei Sätze à einer maximalen Kontraktion von ca. 5s und drei Minuten Satzpause) sitzend bei einem Winkel von 90° im Sprunggelenk durchgeführt. Das anschließende isokinetische Ermüdungsprotokoll setzte sich aus zehn Sätzen à sechs Wiederholungen konzentrischer Kontraktionen der Plantar- und Dorsalflexoren mit 10s Satzpause und einer Winkelgeschwindigkeit von 60°/s zusammen. Das Bewegungsausmaß betrug maximal 55° für die Plantarflexion und 25° für die Dorsalflexion. Im Anschluss erfolgte die Laufanalyse nach Vorermüdung dieses Beines. Dem schlossen sich die Tests des zweiten Beines an. Die Testreihenfolge für das Bein bzw. die Laufgeschwindigkeit wurde randomisiert festgelegt.
Der Krafttest und das Ermüdungsprotokoll wurden mittels des IsoMed 2000 Dynamometers (D&R FERSTL GmbH, Germany) durchgeführt. Für den Lauftest kam ein Laufband Typ: h/p/cosmos quasar–FDM-THQ-M der Firma Zebris Medical GmbH, Germany zum Einsatz. Beide Geräte erfüllten den medizinischen Sicherheitsstandard.
Die Datenauswertung der Krafttests erfolgte mittels der Herstellersoftware (IsoMed Analyse V.1.0.5). Für den isometrischen Maximalkrafttest wurde das maximale Drehmoment aus beiden Versuchen (Mx) und für den isokinetischen Kraftausdauertest die Mittelwerte und Standardabweichungen der maximalen Drehmomente der 60 Wiederholungen (M60) ermittelt. Der Ermüdungsindex wurde als Quotient aus beiden Werten nach der Formel Ermüdungsindex=M60/Mxgebildet.
Ein kleiner Koeffizient wies somit auf eine starke lokale Muskelermüdung hin. Die Reproduzierbarkeit der Kraftdaten war gut bis exzellent mit Intraklassenkorrelationswerten für die Plantar- bzw. Dorsalflexoren beim isometrischen Maximalkrafttest von 0,96-0,99 bzw. 0,90-0,98, beim Ermüdungsprotokoll von 0,89-0,97 bzw. 0,87-0,97 sowie beim Ermüdungsindex von 0,84-0,96 bzw. 0,76-0,94 (14).
Die Auswertung der Laufbanddaten erfolgte mit der Software FDM-T Version 0.39 der zebris Medical GmbH (2009). Standardmäßig wurden Schrittlänge und -frequenz sowie die gemittelten maximalen plantaren Druckwerte getrennt für die drei Fußzonen Ferse, Mittelfuß und Vorfuß aus den Laufzyklen über 30s berechnet (Tab. 3 und 4).
Der Grad der Asymmetrie zwischen linkem und rechtem Fuß wurde mittels Symmetrieindex (SI) mit XRbzw. XLfür die Kraft- bzw. Druckwerte des rechten bzw. linken Fußes gebildet: SI=((XR+XL))/(0,5(XR-XL))∙100%.
Der Einfluss der lokalen Muskelermüdung, Beinasymmetrie und Laufgeschwindigkeit auf die Druckverteilung, Schrittfrequenz und Schrittlänge beim Laufen wurde mittels Varianzanalyse mit Messwiederholung nach dem allgemeinen linearen Modell geprüft. Dabei kamen für den Krafttest eine einfaktorielle Varianzanalyse mit dem Faktor Bein (links und rechts) und beim Laufbandtest für die Druckmaxima eine dreifaktorielle Varianzanalyse mit den Faktoren Ermüdung (Baseline und Ermüdung), Bein (links und rechts) und Laufgeschwindigkeit (11, 13 und 15km/h) sowie für die Schrittfrequenz und Schrittlänge eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit den Faktoren Ermüdung und Laufgeschwindigkeit zum Einsatz. Die Normalverteilung und Varianzhomogenität wurden mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test und mit dem Levene-Test begutachtet. Als Kennwert der Effektstärke diente das partielle Eta-Quadrat (ηp2) mit der Klassifizierung: kleiner Effekt (ηp2=0,08), mittlerer Effekt (ηp2=0,20) und großer Effekt (ηp2=0,32) (5). Ein Signifikanzniveau von p≤0,05 wurde verwendet und mittels Bonferroni-Korrektur eine Adjustierung der p-Werte durch deren Multiplikation mit der Testanzahl vorgenommen (14, 21). Die Datenverarbeitung erfolgte mittels IBM SPSS 20.0 (Chicago, IL, USA).

ERGEBNISSE

Tabelle 1 stellt die signifikanten Haupteffekte (Ermüdung, Bein und Laufgeschwindigkeit) auf die abhängigen Variablen und die Tabellen 2, 3 und 4 die Mittelwerte und Standardabweichungen im Vergleich der einzelnen Bedingungen dar. Das Ermüdungsprotokoll führte zu einer lokalen Muskelermüdung mit signifikanten Unterschieden der Kraftwerte zwischen dem linken und rechten Bein mit hoher Effektstärke und einer stärkeren Ermüdung der Dorsal- im Vergleich zu den Plantarflexoren (Ermüdungsindex im Vergleich Plantar- vs. Dorsalflexoren eines Beines, Tab. 1).

Höhere Werte wurden für das linke Bein bei der Plantar- und Dorsalflexion für die Maximalkraft (Symmetrieindex 21,3 und 10,5%) sowie die Kraftausdauer (7,5 und 28,7%) gefunden. Infolge des Ermüdungsprotokolls sanken die Plantarflexoren auf 52 bzw. 61% und die Dorsalflexoren auf 41 bzw. 35% der isometrischen Maximalkraft für das linke bzw. rechte Bein (Ermüdungsindex). Trotz relativ höherer Ermüdung der Plantarflexoren des linken Beines waren die Plantar- und Dorsalflexoren auch nach Ermüdung leistungsstärker als die des rechten Beines. Im Vergleich der Muskeln eines Beines ermüdeten die Dorsalflexoren relativ stärker als die Plantarflexoren und das muskuläre Verhältnis veränderte sich gegenüber der Baseline (Tab. 2).
Im Laufbandtest reduzierte die lokale Muskelermüdung die plantaren Druckmaxima unter der Ferse mit mittlerer Effektstärke. Unter Ermüdungsbedingungen zeigten sich auch geringere plantare Druckmaxima unter dem Vorfuß, allerdings nur mit kleiner Effektstärke, die nach dem adjustierten p-Wert nicht mehr signifikant waren. Das kraftstärkere linke Bein realisierte höhere maximale Druckwerte unter der Ferse in der Baseline und unter Ermüdungsbedingungen mit kleiner Effektstärke und ebenfalls fehlender Signifikanz nach adjustiertem p-Wert (Tab. 1 und 3).

Mit der Laufgeschwindigkeit erhöhten sich die Schrittfrequenz, die Schrittlänge und die plantaren Druckmaxima unter den drei Fußzonen (Tab. 1, 3 und 4).
Eine Wechselwirkung der Hauptfaktoren (Ermüdung, Bein und Laufgeschwindigkeit) konnte bei keiner abhängigen Variablen festgestellt werden, sodass die ermittelten Effekte global wirkten (Tab. 1).

DISKUSSION

Ziel der Studie war die Untersuchung des Einflusses der lokalen Muskelermüdung der Plantar- und Dorsalflexoren auf die plantare Druckverteilung beim Laufen mit Rückfußaufsatz unter Berücksichtigung der Beinasymmetrie. Die Ergebnisse ergaben, wie hypothetisch angenommen, im Krafttest eine bilaterale Beinasymmetrie mit Kraftdominanz des linken Beines bei den Plantar- und Dorsalflexoren sowie eine weniger starke relative lokale Ermüdung der Plantarflexoren vs. Dorsalflexoren mit einer sich einstellenden muskulären Dysbalance. Die lokale Muskelermüdung schlug sich in geringeren Werten der plantaren Druckmaxima primär unter der Ferse und abgemindert unter dem Vorfuß bei den Rückfußläufern nieder.
Die im Krafttest festgestellte Beinasymmetrie mit höheren Maximalkraft- und Kraftausdauerwerten des linken Beines ist auf dessen Leistungsdominanz als Sprung- bzw. Standbein zurückzuführen (18), wobei die häufige Stützfunktion das Bein stärker kräftigt. Dagegen kann die stärkere Ermüdung der Dorsalflexoren des rechten Beines durch die insgesamt geringere Kraftfähigkeit dieses Beines begründet werden. Die stärkere relative Ermüdung der Plantarflexoren des leistungsdominanten linken Beines erklärt sich dagegen durch die Index-Bildung aus einer höheren Maximalkraft im nicht ermüdeten Zustand, denn auch nach dem Ermüdungsprotoll war die absolute Kraftfähigkeit dieses Beines höher.
Im Laufbandtest wurde nach lokaler Muskelermüdung eine Reduktion der plantaren Druckwerte unter der Ferse und abgeschwächt unter dem Vorfuß festgestellt. Reduzierte Druckwerte wurde auch in anderen Studien gefunden (2, 7, 24) und stützen die Hypothese einer möglichen Schutzstrategie, die bei Ermüdung Verletzungen entgegenwirkt (26). Dabei kann ein geringerer Landedruck infolge einer reduzierten Vertikalbewegung des Körperschwerpunktes, einer geringeren Muskelsteifigkeit, einer besseren Schockabsorption durch stärkere Beugung im Kniegelenk (13) und eines flachen Fußaufsatzes verursacht durch ermüdete Dorsalflexoren (4), die Reduktion der maximalen Druckwerte unter der Ferse bedingen. Die geringeren Druckmaxima unter dem Vorfuß nach Ermüdung können als direkte Folge der reduzierten Leistungsfähigkeit der Plantarflexoren erklärt werden. Da die Laufgeschwindigkeit vorgegeben war, sich keine Veränderungen in der Schrittfrequenz und -länge einstellten, nahm die Belastung des Vorfußes ab und minderte somit auch die weitere muskuläre Ermüdung beim Laufen. Über welchen Zeitraum dieser Kompensationsmechanismus wirkt, ohne die Laufgeschwindigkeit zu beeinträchtigen, muss bei der geringen Testdauer (30s) offen bleiben.
Die im Krafttest festgestellte Beinasymmetrie mit einem 8-18% kraftstärkeren linken Bein (Symmetrieindex) schlug sich in höheren plantaren Druckmaxima unter der Ferse des leistungsdominanten Beines in der Baseline und unter Ermüdungsbedingungen nieder. Die höheren Druckwerte unter der Ferse weisen auf eine höhere Muskelsteifigkeit mit geringerem Nachgeben bei Fußaufsatz und eine erhöhte Belastung der Ferse des leistungsstärkeren Beines hin. Dabei ist jedoch zu beachten, dass dieser Befund nur eine kleine Effektstärke erreichte und nach p-Wert-Adjustierung nicht mehr signifikant war. Brown et al. (3) konnten keinen Zusammenhang zwischen der Beindominanz und den Laufparametern feststellen. Allerdings bestanden keine Differenzen in den Kraftfähigkeiten zwischen dominanten und nicht dominanten Bein im Unterschied zur vorliegenden Studie mit kraftstärkerem linken Bein.
Das Ermüdungsprotokoll führte zu einer relativ stärkeren Ermüdung der Dorsalflexoren im Vergleich zu den Plantarflexoren und somit zur veränderten muskulären Kontrolle des Sprunggelenks. Eine Ursache für die sich einstellende muskuläre Dysbalance liegt in der höheren Kraftfähigkeit der Plantarflexoren aufgrund ihrer größeren Muskelmasse sowie der abweichenden Funktion beim Laufen und Gehen, die eine stärkere Beanspruchung der Plantarflexoren induzieren und deren Ermüdungswiderstandsfähigkeit trainieren. Wie bereits in EMG-Analysen gezeigt, verändert die Ermüdung das

 

 

 

arthromuskuläre Verhältnis für die Kontrolle der Fußbewegung mit Konsequenzen für das Abrollverhalten sowie die plantare Druckverteilung (15). Eine muskuläre Dysbalance im Fußgelenk infolge lokaler Muskelermüdung wurde von Christina et al. (4) sowie von Kellis und Lissou (13) für die Plantar- und Dorsalflexoren beschrieben und kann das Verletzungsrisiko erhöhen (8, 20). Die veränderte muskuläre Relation mit relativ schwächeren Dorsalflexoren nach Ermüdung war jedoch nicht mit einer höheren plantaren Druckbelastung, sondern einer Reduktion unter der Ferse assoziiert. Eine geringere Fersenbelastung könnte durch eine verminderte Haltefunktion der Dorsalflexoren beim Abklappen des Fußes mit einem flachen Fußaufsatz und einer Flächenvergrößerung des belasteten Teils des Fersenpolsters oder durch ein verstärktes Nachgeben im Kniegelenk erfolgen. Die veränderte Belastung wirkt auf den Fuß, das Sprung- und Kniegelenk und dessen stabilisierende Muskulatur. Zumindest für den Fuß stellt sich eine Belastungsreduktion ein. Das stützt wiederum die Annahme einer Schutzstrategie, um Verletzungen infolge von Ermüdung vorzubeugen. Dabei ist jedoch die absolvierte Laufbandbelastung zu berücksichtigen, die nur über kurze Laufzeiten (ca. 1 Minute je Laufgeschwindigkeit) mit erhöhter Aufmerksamkeitsfokussierung durch die Probanden erfolgte und die Belastungsreduktion in den untersuchten Laufgeschwindigkeiten begünstigte.
Nach lokaler Muskelermüdung wurde bei gleicher Laufgeschwindigkeit keine Änderung der Schrittfrequenz und Schrittlänge gefunden, das stimmt mit Befunden von Alfuth und Rosenbaum überein, die ebenfalls keinen Wechsel der Schrittfrequenz ermittelten (1).
Die Laufbanduntersuchungen unterliegen dem Nachteil der ungewohnten Bedingungen mit Beeinflussung der Laufbewegung, jedoch vereinfacht die Laborsituation die Kontrolle von Störgrößen und die Datenerhebung. Eine weitere Limitierung bestand in der plantaren Druckmessung, die nur die vertikale Kraft mit geringerer Messgenauigkeit als mit Kraftmessplatten registriert, aber dafür mehrere Laufzyklen über 30s mittelt. Durch Verwendung der Herstellersoftware erfolgte eine Reduktion auf drei Fußzonen, ohne Separierung der Zehen, des medialen und lateralen Fußes und schränkte somit die Vergleichbarkeit mit anderen Studien ein. Die vom Laufband generierten kinematischen Parameter Schrittlänge und Schrittfrequenz ohne Berücksichtigung der Sprung- und Kniegelenkswinkel limitieren die Interpretation der plantaren Druckwerte. Wesentliche Zusammenhänge zwischen der Bewegungstechnik der unteren Extremitäten und der plantaren Druckverteilung bleiben dabei offen.

SCHLUSSFOLGERUNG

Bei Rückfußläufern verringern sich infolge der lokalen Muskelermüdung die plantaren Druckwerte unter der Ferse und abgeschwächt unter dem Vorfuß bei Laufgeschwindigkeiten im Bereich von 11-15km/h und mindern - möglicherweise nur kurzzeitig - die Belastung des Fußes. Das lokale Ermüdungsprotokoll reduziert die Leistungsfähigkeit der Dorsalflexoren stärker als die der Plantarflexoren, die Folge ist eine muskuläre Dysbalance mit veränderter muskulärer Kontrolle des Sprunggelenks, die jedoch nicht mit einer Erhöhung der plantaren Druckmaxima assoziiert war. Bei kurzzeitiger, aufmerksamkeitsfokussierter Laufbelastung muss sich nach lokaler Muskelermüdung das Verletzungsrisiko nicht steigern. Die höheren Kraftfähigkeiten des leistungsstärkeren Beines führen dagegen zu höheren plantaren Druckwerten unter der Ferse dieses Beines ohne und nach lokaler Muskelermüdung und könnten das Verletzungsrisiko steigern. Zur Verletzungsprävention sollte ergänzend zum Laufen Krafttraining der Fußmuskulatur mit Schwerpunkt auf die weniger leistungsfähigen Dorsalflexoren und die Fußmuskulatur des kraftschwächeren Beines erfolgen.

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Keine

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Prof. Dr. Klaus Mattes
Institut für Bewegungswissenschaft
Universität Hamburg
Mollerstraße 2
20148 Hamburg
klaus.mattes@uni-hamburg.de