Diastolische Funktion bei Athleten
GESCHICHTE

Internationale Hygieneausstellung 1911 in Dresden – Sportmedizin etabliert sich

International Exhibition of Hygiene 1911 in Dresden – Establishment of Sports Medicine

Nach  den  erfolgreichen  Hygieneausstellungen  von  1882/83  in Berlin  und  der  Ausstellung  „Volkskrankheiten  und  ihre  Bekämpfung“ 1903 in Dresden liefen bereits ab 1905 Vorbereitungen für eine weitere Hygiene-Ausstellung.
Ziel war es „( ... die gewaltigen Fortschritte der hygienischen Wissenschaft,  die  Bestrebungen,  die  Lehren  dieser  Wissenschaft praktisch zu verwerten und der Erkenntnis und dem Verständnis weitester Kreise des Volkes zugänglich zu machen, wie sie namentlich in den letzten Jahren aufgetreten sind ... )“ (aus dem Schreiben des Dresdener Oberbürgermeisters Bendler an Staatsminister Posadowski vom 21.11.1905).
Das Organisationskomitee war hochrangig zusammengesetzt mit Vertretern der Reichsministerien, Institute und Verbände der Gesundheitspflege  sowie  der  medizinischen  Fakultäten.  Zum  Direktor wurde der Dresdener Unternehmer (Odol-Produzent) Karl August Lingner gewählt.
Unter  der  Schirmherrschaft  von  Friedrich  August  III,  König von Sachsen, fand die Ausstellung vom 6. Mai bis zum 31. Oktober 1911 statt. Auf einem Gelände von 320000 Quadratmetern stellten sich fast alle europäischen Länder sowie Japan, China und die Philippinen,  mit  zum  Teil  eigenen  Pavillons,  vor.  Das  zentrale  Motto der Ausstellung war: „Wie ist der menschliche Körper durch Verhütungsmaßregeln oder durch entsprechende Lebensführung vor dem plötzlichen Überfall schwerer Krankheiten, vor dem Erliegen selbst den geringsten Witterungseinflüssen gegenüber zu schützen?“

Magnet „Sportlaboratorium“
Unter der Leitung von N. Zuntz wurde ein nach damaligen Maßstäben  vorbildlich  eingerichtetes  „Sportlaboratorium“  der  Öffentlichkeit vorgestellt. In ihm wurden  unter  Mitarbeit  von  F.  Kraus,  R. Du Bois-Reymond und G.F.  Nicolai  anthropometrische,  klinischröntgenologische  und ergometrische  Untersuchungen  an  Sportlern  vorgenommen. Diese  trainierten  auf den  Sportstätten  der, unmittelbar  vor  dem täglich  geöffneten Sportlaboratorium  gelegenen,  Stadion-Anlage  bzw.  nahmen  an Wettkämpfen teil.

An  jedem  Wochenende der Ausstellung  konnte  Mallwitz mehrere Berliner Universitätsprofessoren zu den Untersuchungen einladen. Das war „( ... umso bemerkenswerter angesichts der Tendenz  der  konservativen  Medizinerschaft,  die  Sportabteilung  eher zu  belächeln  als  anzuerkennen.)“.  Zur  Präsentation  kam  in  der Sportabteilung die Sonderausstellung „Rassenhygiene“.
Die sechsmonatige Ausstellung wurde ein voller Erfolg. Die beabsichtigte Zielstellung, „( … einmal im grossen Stile eine Belehrung der Allgemeinheit über die Gesundheitspflege zu unternehmen ... )“ (aus dem Ausstellungsprospekt von 1911) wurde über alle Erwartungen erfüllt. Mehr als 5 Millionen Besucher wurden gezählt. Die Ausstellung  schloss  finanziell  mit  einem  positiven  Ergebnis  von knapp über einer Million Reichsmark ab.
Die  Aktivitäten  zur  gesundheitlichen  Aufklärung,  durch das  aus  diesem  Ereignis  1912  hervorgegangenen  Deutschen  Hygiene-Museums  in  Dresden,  sind  bis  heute  wirksam  und  weltweit anerkannt.

Richtungweisende Impulse gesetzt
Bedeutsam waren die Auswirkungen dieser Ausstellung ebenso auf die verschiedenen Bereiche der Gesundheits- und Leistungsförderung. Große ideelle Unterstützung erhielten die bereits bestehenden Bewegungen und Organisationen, die sich der sportlichen Idee widmeten.
Die Sportmedizin erhielt richtungweisende Impulse hinsichtlich der Etablierung einer entsprechenden Organisation. Zusammen  mit  dem  Sportlaboratorium  aus  Dresden  wurde  durch  die Vermittlung des Arztes und Stadtrates Adolf Gottstein (1857- 1941) auf dem städtischen Spielplatz in Berlin-Charlottenburg ein ständiges Laboratorium geplant. Zur Begründung eines notwendigen sportwissenschaftlichen  Instituts  heißt  es  in  einer  Denkschrift von 1912: „(Die in Dresden begonnenen Arbeiten fortzusetzen, ist in erster Linie das praktische Ziel dieser Vereinigung ( ... ) Ferner rechtfertigt sich ein solches Institut durch die hiermit verbundene  Vergrößerung  des  medizinischen  Wissens.  Unsere  Kenntnis von dem Einfluß der Arbeit, der Übung, Ermüdung, Erholung sind höchst  lückenhaft,  ebenso  wie  die  Grenzen  menschlicher  Leistungsfähigkeit überhaupt).“
Die  im  Frühjahr  1912  in  Berlin  gebildete  „Vereinigung  zur wissenschaftlichen Erforschung des Sportes und der Leibesübungen“  griff  das  erwachte  Interesse  der  Ärzte  an  diesen  Fragestellungen  auf  und  war  der  Anfang  einer  Institutionalisierung  der Sportmedizin. Der Begriff Sportmedizin wurde zu dieser Zeit noch nicht verwendet.

LITERATUR

  1. Gottstein A, Nicolai AF(Hrsg.) Denkschrift über die Begründung eines sportwissenschaftlichen Forschungsinstituts. Böckler & Schott Verlag, Berlin, 1912.
  2. Uhlmann A Der Sport ist der praktische Arzt am Krankenlager des deutschen Volkes. Mabuse Verlag, Frankfurt/Main, 2005.