Sportmedizin
ORIGINALIA
EISENMANGEL BEI SPORTLERN

Die Hypoferritinämie des Sportlers ist kein sicheres Indiz für Eisenmangel

High Serum Ferritin Levels Have Low Sensitivity for Iron Deficiency in Athletes

ZUSAMMENFASSUNG

Eisenmangel  wird  klassischerweise  über  die  Serumferritinkonzentration  [sFer] und  die  Eisenmangelanämie  über  ein  reduziertes  mittleres  celluläres  Volumen (MCV)  diagnostiziert.  Bekannterweise  verliert  [sFer]  seine  Aussagekraft,  sobald entzüdliche  Prozesse  oder  eine  Leberfunktionsstörung  vorliegen.  Bei  Sportlern findet  man  häufig  reduzierte  [sFer].  Die  vorliegende  Querschnittsuntersuchung soll  daher  die  Beziehung  zwischen  der  bei  Sportlern  erhöhten  totalen Hämoglobinmasse  (tHb)  und  [sFer]  darstellen.  Hierfür  wurde  bei  56  trainierten (TR),  72  moderat  trainierten  (MT),  und  31  untrainierten  (UT)  Männern  die maximale Sauerstoffaufnahme ( max), die Konzentrationen von Serumeisen [sFer], löslichem  Transferrinrezeptor  [sTfr],  Serumerythropoietin  [EPO],  Hämoglobin [Hb],  der  Hämatokrit  (Hkt),  tHb,  Blutvolumen  (BV)  und  Plasmavolumen  (PV) bestimmt. TR, MT und UT unterschieden sich signifikant in Bezug auf max, tHb, BV und PV (alle p<0,01). [sFer] korrelierte negativ mit tHb (r = - 0,31, p<0,05), BV (r = - 0,38, p<0,05) und max (r=-0,54, p<0,01) aber nicht mit [EPO], [Fe], [sTfr], MCV,  [Hb],  Hkt  und  PV.  Die  Korrelation  von  [sFer]  und  tHb  kann  durch  eine Verlagerung  des  Eisenspeichers  vom  retikuloendothelialen  System  (RES)  in  die totale  Hämoglobinmasse  der  roten  Blutkörperchen  bedingt  sein.  Dies  ist  beim Sportler nur dann pathologisch, wenn [sTfr] erhöht ist und damit eine funktionelle Eisenmangelanämie vorliegt. Ursächlich für eine funktionelle Eisenmangelanämie können  gastrointestinale  Mikroblutungen,  Menstruation  und  EPO-Doping  sein. Eisenmangel  kann  durch  Ernährungsumstellung  oder  orale  bzw.  intravenöse Eisen-Supplementierung  behandelt  werden.  Die  unkritische  Verwendung  von Eisensubstraten  kann  zu  schwerwiegenden  Nebenwirkungen  führen  und  sollte daher vermieden werden.

Schlüsselwörter:  Serumferritin,  Sportler,  Anämie,  Hämoglobinmasse, maximale Sauerstoffaufnahme.

SUMMARY

Iron  deficiency  is  commonly  diagnosed  by  serum  ferritin  [sFer]  determination, iron deficiency anaemia from reduced mean cellular volume (MCV). [sFer] shows a  high  variance  if  inflammation  or  liver  dysfunction  are  present.  Athletes  often present with hypoferritinaemia. This study was designed to evaluate the relation of total body haemoglobin mass (tHb) which is commonly elevated in athletes to [sFer]. In the present study 56 trained (TR), 72 moderately trained (MT) and 31 untrained (UT) male individuals were investigated for peak oxygen uptake ( max), serum iron, [sFer], soluble transferrin receptor [sTfr], serum erythropoietin [EPO], haemoglobin  concentration  [Hb],  haematocrit  (Hct),  MCV,  tHb,  blood  volume (BV), and plama volume (PV). TR and UT individuals differed significantly in max, tHb, PV, and BV (all p<0.01). [sFer] correlated negatively with tHb (r=-0.31,p<0.05), BV (r=-0.38,p<0.05) and max (r=-0.54,p<0.01) but not with EPO, [Fe], [sTfr], MCV, [Hb], Hct, and PV. Since a negative correlation of [sFer] and tHb was found, an iron storage shift from the reticuloendothelial system (RES) to the erythroid system could have occurred. This is only pathological if functional iron deficiency occurs, as suggested by increased [sTfr]. Possible causes of functional iron deficiency are gastrointestinal microhaemorrhage, menstrual blood loss and EPO-doping. True iron deficiency should be treated by dietary means or iron supplementation. Iron misuse instead has severe side-effects and uncritical addition of iron to the athlete's nutrition should be avoided.

Key Words: serrum ferritin, athlete, anaemia, haemoglobin mass, peak oxygen uptake

EINLEITUNG

Seitdem  die  Serumeisenkonzentration  [Fe]  und  die  Serumferritinkonzentration  [sFer]  des  Sportlers  in  Querschnittsuntersuchungen  studiert  wurden,  konnte  ein  Zusammenhang  zwischen der  sogenannten  Sportleranämie  und  niedrigem  [Fe]  und  auch Hypoferritinämie  beobachet  werden  (1).  Eisenmangel  führt  zu reduzierter  Leistungsfähigkeit  beim  Sportler  (15).  Daher  werden  routinemässig  für  die  Ernährungsoptimierung  bei  Sportlern Eisenmangelparameter wie [sFer] und [Fe] gemessen. Es existieren verschiedene  Erklärungsmodelle  für  den  vermuteten  trainingsinduzierten  Eisenmangel.  Chronischer  Erythrozytenverlust  durch Marschhämolyse, gastrointestinale Mikroblutungen, und Mikrohämaturie  können  eine  Anämie  mit  Eisenmangel  verursachen  (15). Bei  Frauen  spielt  der  Blutverlust  im  Rahmen  der  Menstruation eine Rolle (10). Auch der im Schweiss enthaltene Eisenanteil kann kumuliert  zu  Eisenmangel  beitragen  (21).  Der  erhöhte  oxidative und inflammatorische Stress des Leistungssportlers kann zu verschlechterter  Eisenaufnahme  und  Metabolisierung  führen  (15). Dennoch finden wir bei männlichen Sportlern mit niedrigen [sFer] relativ selten eine Anämie (20).
Bisher wurde der Eisenstatus des Sportlers nicht in Bezug zur totalen Hämoglobinmasse im Körper (tHb), die im Gegensatz zur Hämoglobinkonzentration [Hb] nicht durch Plasmavolumenveränderungen beeinflusst wird, gesetzt. Diese Daten sind jedoch für die praktische  Athletenbetreuung  von  grossem  Interesse,  da  die  tHb mit der maximalen Sauerstoffaufnahme ( max) und damit auch der Ausdauerleistungsfähigkeit  korreliert  (1819).  Sollte  darüber  hinaus die [sFer] den Körpereisenspeicher des Sportlers nicht adäquat darstellen,  müssen  wir  in  der  Routinediagnostik  möglicherweise auf andere Eisenmangelparameter zurückgreifen. Die vorliegende Studie soll daher den Zusammenhang zwischen der Größe der tHb und dem von der [sFer] abgebildeten Eisenspeicher abhängig vom Trainingszustand darstellen.

METHODEN

An dieser Studie nahmen 159 gesunde männliche Probanden teil (Alter: 24 ± 6 Jahre, Grösse: 1,81 ± 0,06 m, Gewicht: 75,0 ± 9,1 kg, BMI 22,9 ± 2,2 kg·m-²), wobei sowohl auf nationalem Niveau trainierende  Leistungssportler  der  Sportarten  Lang-  und  Kurzstreckenlauf, Radsport,  Triathlon,  Schwimmen  und  Fussball,  die  im  Rahmen von  routinemässiger  Leistungsdiagnostik  rekrutiert  wurden,  als auch  Freizeitsport  treibende  und  untrainierte  Medizinstudenten untersucht  wurden.  Die  Untersuchungen  wurden  während  der Monate  Oktober  bis  Januar  durchgeführt.  Alle  Sportler  befanden sich in einer Erholungsphase mit subjektiv eingeschätzt niedriger Trainingsintensität. Ausschlusskriterien waren bestehende Nebenerkrankungen und Medikamenteneinnahme.
Alle  Probanden  ernährten  sich  mit  typischer  mitteleuropäischer  Kost,  die  sowohl  Gemüse  als  auch  Fleisch  beinhaltet. Ernährungsergänzungen  (wie  z.B.  Vitamine  und  Eisen)  und  Blutdoping innerhalb der letzten 6 Wochen vor Untersuchung wurden von  den  Probanden  verneint.  Die  159  Probanden  wurden  entsprechend  ihrem  Ausdauertrainingsstatus,  der  durch  Anamnese und die VO2max bestimmt wurde, in 56 Trainierte (TR), 72 mäßig trainierte (MT) und 31 Untrainierte (UT) analog eines anderweitig beschriebenen Protokolls unterteilt (16). Alle Probanden gaben ihr schriftliches Einverständnis für die Teilnahme an dieser Studie, die von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Charité genehmigt wurde.
Standardisierte  klinisch-chemische  Protokolle  wurden  verwendet,  um  [sFer]  (Enzyme  Immunoassay,  Abbott)  und  [Fe]  (Colorimetric Test, Roche) zu bestimmen. Serumerythropoietin [EPO] und  [sTfr]  (beide:  Immunoassay,  Quantikine  IVD  in  vitro  Diagnostic)  wurden  mit  enzyme-linked  immunosorbent  assays  (ELISA)  gemessen.  Der  [sTfr]/[sFer]-Quotient  (TFQ)  wurde  arithmetrisch  bestimmt.  [Hb],  Hämatokrit  (Hkt)  und  mittleres  celluläres Volumen (MCV) wurden in venösem Blut mit einem automatisierten Zellzähler gemessen (MD8, Coulter Electronics, Miami, USA). Die totale Hämoglobinmasse wurde mit einer für kapilläre Probennahme  optimierten  CO-Rückatmungsmethode  unter  Benutzung eines Oxygen Saturation Meter OSM 3 (Radiometer, Copenhagen) gemessen (9). Das Blutvolumen (BV) wurde aus tHb, [Hb] und Hkt ohne Korrektur für den Körperhämatokrit berechnet (9).
Aus BV und Hkt wurde das Plasmavolumen (PV) berechnet.
Abhängig  von  der  Sportart  wurde  die  Leistungsdiagnostik mit Stufentests auf dem Laufband (Woodway Ergo XELG, Weil am Rhein)  oder  dem  Fahrradergometer  (Excalibur,  MedGraphics,  St. Paul, USA) bis zur subjektiven Erschöpfung durchgeführt.
Mit einem offenen Spirometersystem (Oxygen Gamma, Mijnhardt B.V., AE Bunnik, Niederlande) wurde die Sauerstoffaufnahme gemessen.  Die  gemessenen  Werte  für  die  max  wurden  nicht  für Laufband bzw. Fahrradergometer korrigiert (4). Die Daten wurden mit der Software SPSS für Windows Version 13.0 statistisch analysiert. Alle Datengruppen wurden mit dem Kolmogoroff-SmirnoffTest auf Normalität geprüft. Mittels Varianzanalyse und gegebenfalls  Bonferroni-korrigiertem  Student  t-Test  wurden  signifikante Unterschiede dargestellt. Mittelwerte wurden mit Standardabweichung dargestellt.

ERGEBNISSE

Die Probanden der TR, MT und UT unterschieden sich deutlich in der VO2max (alle p<0,01, Tab. 1). Diese korrelierte mit tHb (r=0,57, p<0,01), BV (r=0,63, p<0,01), und PV (r=0,57, p<0,01) und zeigte eine negative Korrelation mit dem BMI (r=-0,65, p<0,001).

Ein  wichtiges  Ergebnis  dieser  Studie  sind  die  signifikanten negativen Korrelationen zwischen [sFer] und tHb (r=-0,31, p<0,05) (Abb.  1),  BV  (r=-0,38,  p<0,05)  sowie  VO2max  (r=-0,54,  p<0,001) (Abb.  2),  dagegen  gab  es  keine  signifikanten  Beziehungen  zwischen  [sFer]  und  EPO,  [Fe],  [sTfr],  MCV,  [Hb],  Hkt  und  PV.  EPO, [sTfr], TFQ, MCV und [Fe] zeigten keine signifikante Korrelation mit tHb, BV, PV und VO2max.
Der  Trainingszustand  der  Probanden  scheint  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  [sFer]  zu  haben,  da  [sFer]  bei  TR  signifikant geringer war als bei MT und UT (beide p<0,01) (Tab. 1). Ausserdem hatten TR eine grössere tHb, ein grösseres BV und ein grösseres PV als  MT  und  UT  (beide  p<0,01).  Während  [Hb],  und  Hkt  bei  denSportlern leicht erniedrigt waren, zeigten [Fe], EPO und [sTfr] keine Trainingsabhängigkeit.
Vier Probanden wiesen eine [Hb] unter 13 g·dl-1auf und lagen daher unter der allgemein akzeptierten Schwelle für die laborchemische Diagnose Anämie (13). Keiner dieser Probanden hatte eine reduzierte  [sFer]  unter  30  µg·dl-1 (13)  und  keiner  zeigte  erhöhte [sTfr]-Werte. Im Gegensatz dazu hatten 35 Probanden eine [sFer] unter 30 µg·dl-1ohne Anämie ([Hb] über 13 g·dl-1) und mit überdurchschnittlich hoher tHb (13,3 ± 1,1 g·kg-1).

DISKUSSION

Im  klinischen  Alltag  unterscheidet  man  den  absoluten  von  funktionellem Eisenmangel. Der absolute Eisenmangel besteht definitionsgemäss dann, wenn die [sFer] geschlechtsspezifisch unter 15 bzw  20  ng·ml-1 gemessen  wird  und  eine  Eisenmangelanämie  mit einer subnormaler [Hb] vorliegt. Bei einem latenten Eisenmangel ist die [sFer] ohne Anämie reduziert. Ein funktioneller Eisenmangel besteht, wenn zwar die Eisenspeicher ausreichend mit Eisen gefüllt sind  (normale  Ferritinwerte),  es  aber  trotzdem  zu  einer  unzureichenden Eisenversorgung der Erythropoese kommt (13).
Der wichtigste funktionelle Körpereisenspeicher ist das retikuloendotheliale System (RES) der Leber, jedoch enthalten Blut und Muskel insgesamt erheblich mehr Eisen in Form von Hämoglobin und  Myoglobin.  Da  Eisen  für  eine  funktionierende  Erythropoese im  Rahmen  der  Hämsynthese  essentiell  ist,  führt  chronischer  Eisenmangel  zu  gestörter  Erythropoese  und  Eisenmangelanämie. Funktioneller  Eisenmangel  kann  durch  gesteigerte  Erythropoese hervorgerufen werden, z.B. nach Blutverlust oder bei EPO-Doping, wenn keine angepasste Eisenzufuhr erfolgt (3).
Um auf Eisenmangelanämie zu screenen, verwendet man routinemässig [Hb] und das mittlere zelluläre Volumen (MCV).
Diese  Tests  sind  kostengünstig,  haben  jedoch  eine  geringe Spezifität.  Zum  definitiven  Nachweis  des  Eisenmangels  verwendet  man  heutzutage  [sFer]  und  [sTfr].  [sFer]  korreliert  beim  Gesunden hochgradig mit dem Füllungsstand der Eisenspeicher des RES (11).
Leider wird [sFer] als Akute-Phase-Protein durch entzündliche Vorgänge erhöht. Es wird ebenfalls durch akute Muskeltätigkeit erhöht und eine erhöhte [sFer] wurde noch Tage nach schwerem Training beobachtet (5). Lebererkrankungen können die Ferritinsynthese beeinträchtigen und damit [sFer] reduzieren. Es wurde ebenfalls eine hohe genetisch bedingte Varianz der [sFer] gefunden.
Daher ist die Zuverlässigkeit der [sFer] bei der Eisenmangeldiagnostik eingeschränkt (5).
Der lösliche Transferrinrezeptor (sTfr) ist eine verkürzte Form des  membrangebundenen  Transferrinrezeptors  (Tfr).  Dieser  wird bei  zellulärem  Eisenmangel  vermehrt  exprimiert.  Die  sTfr-Konzentration [sTfr] korreliert mit der membranösen Tfr-Dichte, wobei 80% der Tfr sich auf Erythroblasten befinden (5).
Gesteigerte [sTfr] findet man, sobald die Erythroblastenzahl, z.B. durch gesteigerte Erythropoese, steigt. Daher sieht man jedoch auch erhöhte [sTfr] nicht nur bei Eisenmangel und EPO-Therapie, sondern  auch  bei  gesteigerter  erythroider  Vorläuferzahl  wie  z.B. bei  erythoider  Leukämie  (2).  [sTfr]  wird  jedoch  im  Gegensatz  zu [sFer] nicht durch entzündliche Prozesse beeinflusst (2). Auch körperliches  Training  scheint  keinen  akuten  Einfluss  auf  gemessene [sTfr]-Werte zu haben (16). Leider sind die Normalwerte für [sTfr] von herstellerbedingten Unterschieden beeinflusst und müssen für jeden Untersuchungskit gesondert angegeben werden (5).
In der untersuchten Probandengruppe war die [sFer] mit der tHb negativ korreliert, während [sTfr] keinen Zusammenhang mit tHb  zeigte.  Möglicherweise  ist  beim  Sportler  eine  Verschiebung von Eisens vom RES in den zweiten Eisenpool – die Hämoglobinmasse – anzunehmen. Eisenverlust oder funktioneller Eisenmangel können  keine  relevante  Rolle  spielen,  da  [sTfr]  von  Leistung  und tHb  unbeeinflusst  blieb.  Das  bedeutet  nicht,  dass  hämoglobingebundenes  Eisen  nicht  mobilisiert  werden  kann.  Markiertes  Eisen  aus  Hämmolekülen  von  Erythrozyten  wurde  nach  schwerem Training in muskulären Myoglobinmolekülen gefunden, was einer direkten  Mobilisierung  von  hämoglobingebundenem  Häm  zur Myoglobinsynthese entspricht (8). Ein ähnliches Prinzip der Wiederverwertung von freiem oder als Häm gebundenem Eisen finden wir im Gastrointestinaltrakt, wo ein Grossteil des intestinal aufgenommenen Eisens aus körpereigener Sekretion stammt und lediglich zu einem relativ geringen Prozentsatz aus extern zugeführtem Eisen (16). Beim Ausdauersportler kann der Austausch von Eisen zwischen Hämoglobin und Myoglobin vergrössert sein, da der Eisenumsatz im Rahmen einer gesteigerten Erythrozytenproduktion bei ihm wesentlich erhöht ist (16).
In  diesem  Zusammenhang  muss  jedoch  auf  die  funktionelle Bedeutung  der  totalen  Hämoglobinmasse  hingewiesen  werden. Schliesslich ist eine hohe tHb für die Ausdauer des Leistungssportlers ausserordentlich wichtig (19). Eine umfangreiche Mobilisierung von  in  tHb  gespeichertem  Eisen  würde  zu  reduzierter  Leistungsfähigkeit  führen,  daher  ist  der  Zugriff  auf  den  zweiten  Eisenpool funktionell  bedeutsam.  Für  den  endgültigen  Beweis  unserer  Hypothese ist jedoch eine therapeutische Studie notwendig, bei der Sportler mit niedriger [sFer] mit Eisen substituiert werden. Sollte bei  diesen  Sportlern  keine  Steigerung  der  tHb  gesehen  werden, kann  man  davon  ausgehen,  dass  kein  funktioneller  Eisenmangel vorliegt. Aufgrund der aktuellen Datenlage muss die Bestimmung von  [sTfr]  oder  des  TFQ  anstelle  von  [sFer]  allein  zur  Diagnostik des funktionellen Eisenmangels empfohlen werden (5).
Darüber  hinaus  konnten  wir  eine  negative  Korrelation  zwischen [sFer] und VO2max aufzeigen. Das deutet auf eine Entleerung von Eisenspeichern bei erhöhter Leistungsfähigkeit hin. Eine wahrscheinliche  Erklärung  wäre  die  gesteigerte  Erythropoese,  um  die tHb zu erhöhen; somit also eine Verschiebung aus Eisenspeichern in  die  Erythrocyten.  Da  sich  [sTfr]  nicht  mit  einer  gesteigerten VO2max erhöht, liegt bei den Probanden offensichtlich weder funktioneller Eisenmangel noch eine erhöhte Erythroblastenzahl vor.
Im Knochenmark von Mäusen mit akutem hämorrhagischem Schock konnte gezeigt werden, dass bei gesteigerter Erythropoese der EPO-Rezeptor auf den Erythroblasten hochreguliert wird und diese offensichtlich eine erhöhte Reifungsgeschwindigkeit aufweisen, während die eigentliche Erythroblastenzahl im Knochenmark eher sinkt (17). Möglicherweise passiert ähnliches beim Ausdauersportler.Der klassische Eisenmangel ist bei untrainierten Männern im Gegensatz zur Eisenüberladung selten (6).
Im Gegensatz zu Breitensportlern kann bei trainierten Sportlern  aufgrund  ihrer  Tendenz  zu  scheinbarem  Eisenmangel  keine deutliche  Linie  zwischen  pathologischem  absolutem  und  Pseudo-Eisenmangel gezogen werden. Daher fallen uns Empfehlungen bezüglich der oralen Nahrungsergänzung mit Eisenpräparaten oft schwer. Besonders in der frühen Trainingsphase zu Saisonbeginn wird eine gesteigerte Erythropoese zum Aufbau der tHb beobachtet (19). In dieser Trainingsphase kann die Nahrungsergänzung mit Eisenpräparaten sinnvoll sein, um einem funktionellen Eisenmangel  vorzubeugen  (7).  Auch  bei  kurzzeitig  intensiviertem  Training kann orales Eisen über die Dauer dieses Trainings vorbeugend eingenommen werden.
In den meisten Fällen ist die orale Eiseneinnahme mit Eisensulfat  oder  Eisenglukonat  für  die  Behandlung  des  Eisenmangels ausreichend, sollte jedoch ärztlich überwacht werden.
Eisenüberdosierung  durch  unkontrollierte  orale  Eiseneinnahme kann  schwere  metabolische  Konsequenzen  haben.  So  kann  z.B. eine  sekundäre  Hämochomatose  induziert  werden,  die  ihrerseits zu Leberzirrhose oder Pankreasinsuffizienz führen kann (13).
Ausserdem  hat  orales  Eisen  unerwünschte  Arzneimittelwirkungen wie Übelkeit, Oberbauchbeschwerden, Durchfälle und Verstopfung. Es gibt drei Indikationen für eine parenterale Eisengabe – unüblich hoher Eisenbedarf, Eisenmalabsorptionssyndrome und Versagen der oralen Eisentherapie (5). Trotz der hohen Verfügbarkeitkeit  von  kommerziellen  eisenhaltigen  Nahrungsergänzungspräparaten,  sollte  nicht  vergessen  werden,  dass  der  Eisengehalt einer ausgeglichenen Diät, die Fleisch und Früchte beinhaltet, für den täglichen Bedarf des Sportlers in der Regel ausreichend ist. Bei Frauen ist der chronische Eisenverlust aufgrund von Menstruation höher und Eisen sollte verstärkt substituiert werden (10).
Obwohl eine geringgradig reduzierte [Hb] beim ausdauertrainierten Sportler physiologisch ist, neigen einige ärztliche Betreuer  bei  der  Pseudoanämie  weiterhin  zur  Nahrungsergänzung  mit Eisenpräparaten.  Es  scheint  jedoch,  dass  die  Blutbildveränderungen  beim  Ausdauertraining  –  niedrige  Hämoglobinkonzentration und erhöhte totale Hämoglobinmasse – die Eisenspeicher des RES verringern, jedoch ohne zwangsläufig zu einem funktionellen Eisenmangel zu führen, da die Masse des verfügbaren Körpereisens unverändert bleibt. Der erhöhte erythropoese-bedingte Eisenumsatz in der Aufbauphase und der chronische menstruelle Eisenverlust  von  weiblichen  Sportlern  sollte  ernährungsphysiologisch ergänzt werden.

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Korrespondenzadresse:
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Uppsala University Hospital
Institute for Surgical Sciences
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