Sportmedizin
EDITORIAL

Trend der Molekularen Forschung in der Sportmedizin

Trend in Molecular Research in Sport Medicine

Die Medizin hat eine rasante Entwicklung genommen, dazu hat vor allem die zell- und molekularbiologische Forschung in der Medizin beigetragen. Diese Entwicklung macht auch vor der Sportmedizin keinen Halt. In der Sportmedizin werden zunehmend molekular- und zellbiologische Untersuchungsverfahren und Erkenntnisse zur Untersuchung von funktionellen und strukturellen Anpassungsprozessen auf körperliche Belastung genutzt. Die Bereiche Genforschung, Proteinforschung, Metabolomforschung und zellbiologische Forschung nehmen dabei einen immer größeren Stellenwert in der sportmedizinischen Forschung ein. Die sportmedizinische Forschung wird um die Untersuchung von zellulären, subzellulären und extrazellulären Veränderungen in Organen und Geweben erweitert. Neue Analyseverfahren erlauben es zunehmend nicht invasiv oder zumindest minimal invasive sportmedizinische Untersuchungen auf zellulärem und molekularem Level durchzuführen. Neue bildgebende Verfahren erlauben einen Blick in den Organismus bis auf molekulares Niveau. Darüber hinaus sind jedoch auch eine Vielzahl von neuen zellbiologischen und molekularbiologischen Analysen an minimal invasive, Blutentnahmen und Gewebebiopsien, gewonnenen Material möglich. Dies hat dazu geführt, dass sich neue Ansätze in der Sportmedizin auf den Gebieten Metabolomforschung, Proteinforschung, zellbiologische Forschung und Genforschung etabliert haben. Die bei körperlicher Aktivität entstehenden Stoffwechselprodukte können heute wesentlich genauer hinsichtlich ihrer Entstehung und ihrer biologischen Bedeutung analysiert werden.
Die Metabolomforschung, auch als Metabolomics bezeichnet, weist nicht nur niedermolekulare Verbindungen, die vor allem bei Stoffwechselvorgängen entstehen nach, sondern auch ihren regulierenden Einfluss im Gewebe bis auf zelluläres und subzelluläres Niveau. Die Gesamtheit aller Stoffwechselprodukte einer Zelle oder eines Organismus unterliegt einer ständigen Dynamik und ist das Endprodukt komplexer Abläufe eines biochemischen Netzwerkes. Daher ergeben sich neue Aufschlüsse wie diese Stoffwechselprodukte in die Steuerung der Gentranskription, der Proteinsynthese und dem Proteinabbau sowie der funktionellen Regulation von zellulären Molekülen einbezogen werden können. Das Laktat ist dabei ein hervorragendes Beispiel für diese Entwicklung, lange Zeit als reiner Marker für den Energiestoffwechsel verstanden. Es wird deutlich, dass es sich bei Laktat um ein Signalmolekül handelt, das für die Anpassung von Geweben auf körperliche Aktivität verantwortlich ist (2).
Aber auch die Proteinforschung in der Sportmedizin hat eine Weiterentwicklung erfahren, wo lange Zeit nur mengenmäßige Veränderungen des zellulären Proteingehalts betrachtet wurden, werden mittlerweile die Prozesse, die zur Veränderung von Proteinen führen auf transkriptioneller, posttranskriptioneller, translationaler und posttranslationaler Ebene unter Berücksichtigung zeitlicher Regulationsmuster betrachtet. Dazu gehört auch die Berücksichtigung von posttranslationalen Proteinmodifikation, wie z. B. Phosphorylierungen, Nitrosylierungen und Sumoylierungen, die die Funktion von Signal- und Strukturmolekülen verändern. Beispielhaft sei hier die Skelettmuskelforschung genannt, wo durch gezielte Muskelbiopsien bei unterschiedlichen Belastungszuständen Material für solche Untersuchungen gewonnen werden kann. Diese werden beispielsweise genutzt, um die zeitliche Regulation von Phosphorylierungsvorgängen von Signalmolekülen und Ionenkanälen zu untersuchen, die Einblick in die belastungsabgängige Regulation der muskulären Anpassung geben. Dazu gehört auch die Untersuchung der Bedeutung von mikroRNAs, die posttranskriptionell die Proteinsynthese beeinflussen (3, 4).
Die zellbiologische Forschung in der Sportmedizin hat einen neuen Schwerpunkt in der Stamm- und Vorläuferzellforschung, da die Anpassung von Geweben und Organen auf körperliche Belastung wesentlich von Stamm- und Vorläuferzellen abhängt. Direkte Gewinnung von Stamm- und Vorläuferzellen unter bestimmten Belastungsbedingungen ist schwierig, aber der Nachweis von zellregulierenden Faktoren, Zytokinen und Wachstumsfaktoren, bei unterschiedlichen körperlichen Belastungen mittels proteinbiochemischen Verfahren ist zunehmend in der Sportmedizin gängig (1).
Ein besonderes Augenmerk hat die Genomforschung in der Sportmedizin erfahren. Hier war und ist es der Nachweis von kleinen Genmodifikationen, sogenannten Polymorphismen, die die Funktion von Genen bestimmen können, die im Zusammenhang mit körperlicher Leistungsfähigkeit und der Anpassung spezifischer Leistungsmerkmale betrachtet wurden und werden. Es zeigt sich aber zunehmend, dass die Polymorphismen nur sehr beschränkt spezifische körperliche Leistungsfähigkeit und Anpassung erklären können. Die Erklärung hierfür liegt in sogenannten epigenetischen Modifikationen des Genoms begründet. Darunter sind im strengen Sinn vererbbare Modifikationen der DNA durch Methylierung zu verstehen. Im erweiterten Sinn umfasst die Epigenetik Modifikationen der DNA durch Methylierung und Veränderungen der Histone durch Methylierung und Azetylierung. Diese Modifikationen des aus DNA, Histonen und weiteren Proteinen bestehenden Chromatins, beeinflussen die „Aktivität“ der Gene, so sind Gene die stark methyliert sind nicht mehr aktiv. Zunehmend wird deutlich, dass Histonazetylierung und -methylierung sowie DNA-Metyhlierung durch körperliche Aktivität beeinflusst werden können und solche Veränderungen die Anpassung der körperlichen Aktivität beeinflussen (5). Es wird deutlich, dass die Trends der medizinischen Zell- und Molekularbiologie ihren Platz auch in der Sportmedizin erobern. 

LITERATUR

  1. Bloch W, Brixius K Sport und Stammzellen. Dtsch Z Sportmed 57 (2006) 68 - 72.
  2. Brooks GA, Brooks TG, Brooks S Laktat als metabolisches Signal der Genexpression. Dtsch Z Sportmed 59 (2008) 280 - 286.
  3. Drummond MJ MicroRNAs and exercise-induced skeletal muscle adaptations. J Physiol 588 (2010) 3849 - 3850.
  4. Flück M Molecular mechanisms in muscle adaptation Ther Umsch. 60 (2003) 371 - 381.
  5. Nakajima K, Takeoka M, Mori M, Hashimoto S, Sakurai A, Nose H, Higuchi K, Itano N, Shiohara M, Oh T, Taniguchi S Exercise effects on methylation of ASC gene. Int J Sports Med 31 (2010) 671 - 675.