Sportmedizin
ÜBERSICHT
LAKTAT UND BELASTUNGSINDEX

Die kapilläre Laktatkonzentration als Maß für die Belastungsreaktion

The Capillary Lactate Concentration as an Indicator for Exercise Intensity

ZUSAMMENFASSUNG

Die Laktatkonzentration im arterialisierten Blut wird durch Laktatproduktion, -freisetzung, -verteilung im Körper und -elimination beeinflusst. Die Elimination geschieht in Herz und Leber aber auch in anderen Organen wie Gehirn und der ruhenden und arbeitenden Muskulatur. Da die Laktatelimination durch ein Organ von der arteriellen Laktatkonzentration und von der Durchblutung des Organs abhängig ist, führt die intensitätsabhängige Drosselung der Durchblutung bei Belastung zu einem Anstieg der systemischen Laktatkonzentration. Zusätzlich wirken die aktive Muskelmasse, also die Rekrutierung, und die Art der rekrutierten Muskelfasern bei der Entstehung der Laktatkonzentration mit. Wegen der komplexen Zusammenhänge ist es nicht möglich, im Einzelfall aus der kapillären Laktatkonzentration präzise Aussagen über das muskuläre Stoffwechselgeschehen zu machen, da die Konzentration dieses Stoffwechselgeschehen nicht 1:1 abbildet. Die individuell sehr gute Reproduzierbarkeit der Beziehung zwischen der Höhe der Laktatkonzentration und der relativen Leistung ermöglicht es aber sehr gut, individuelle Veränderungen des Trainingszustands zu beurteilen. Dazu ist es unbedingt nötig, dass die Testbedingungen reproduzierbar sind. Dazu gehört es, dass die Testmuster, die Umgebungsbedingungen und der Regenerationszustand der Athleten vergleichbar sind. Oft ist es nicht einfach, zwischen regenrationsbedingten und trainingszustandsbedingten Veränderungen der Laktatkonzentration zu unterscheiden. Zur Absicherung der Beurteilung sollten zusätzliche Größen wie Ventilation, Atemfrequenz, Respiratorischer Quotient gemessen werden.

Schlüsselwörter: Laktatkonzentration, Laktatfreisetzung, Laktatschwellen, aerobe Kapazität, Ausdauerkapazität, Reproduzierbarkeit.  

SUMMARY

The lactate concentration in arterialized blood is dependent on lactate production, release, distribution and elimination. Lactate elimination takes place in heart and liver and in other organs like brain and resting and exercising muscle. Since the elimination of lactate by an organ is dependent on the arterial lactate concentration and the blood flow through the organ, a decrease in blood flow due to increased exercise intensity causes an increase in the systemic lactate concentration. Additionally, the amount of active muscle mass and the kind of recruited fibre types are important. Since the interactions are complex, it is not possible to precisely deduce the muscular energy metabolism of an individual athlete during exercise from the lactate concentration. However, because of the high reproducibility of the relation between the lactate concentration and relative power, lactate concentration is a good tool for judging individual variations in performance. To achieve that, it is absolutely necessary to test under reproducible conditions. Prerequisites are similar test schedules, similar ambient conditions and a comparable regeneration status of the athletes. Often it is difficult to discern between influences on the lactate concentration caused by different regeneration or by changes in the performance capacity. To make the interpretation more certain, additional parameters like ventilation, breathing frequency respiratory exchange ratio should be measured.

Key words: Lactate release, lactate thresholds, aerobic capacity, endurance capacity, reproducibility 

EINLEITUNG

Die Laktat-Leistungsdiagnostik ist aus der Sportlerbetreuung nicht mehr weg zu denken. Ausgangspunkt waren die Untersuchungen von Mader Anfang bis Mitte der 80 er Jahre (17). In der Folge wurde eine Vielzahl von Schwellen-Konzepten entwickelt. Sie dienen zur Beurteilung von Sportlern (oder Patienten) vor allem in Hinblick auf die Ausdauerleistungsfähigkeit, zur Ableitung von Trainingshinweisen, zu aktuellen Intensitätssteuerungen und zur Prognose von Wettkampfleistungen. Ziel der Laktatdiagnostik ist deshalb, die individuelle Beratung von Sportlern oder Patienten. Die Laktatdiagnostik und die Laktatschwellenkonzepte sind immer wieder kritisiert und hinterfragt worden (8, 10, 20). Das zeigt eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit den Konzepten. Die Ursache liegt wahrscheinlich darin begründet, dass Ansprüche an dieses diagnostische Mittel gestellt werden, die es nicht erfüllen kann und dass wichtige Randbedingungen nicht beachtet werden.
In dieser Übersicht sollen Faktoren beschrieben werden, die die Laktatkonzentration bei Belastung beeinflussen und damit zeigen, in wie weit die Laktatkonzentration die Belastungssituation widerspiegelt. Dabei werden Aussagen relativiert, die häufig aus der Laktatkonzentration abgeleitet werden.   

PHSYSIOLOGISCHE ASPEKTE

Bei fahrradergometrischen Dauerbelastungen mit mittelintensiven Belastungen (ca. 65% der Maximalleistung aus einem Stufentest) zeigt sich nach einer Einstellphase meist eine konstante Laktatkonzentration im kapillären Blut. Die Konzentration, die sich bei dieser Belastung einstellt, kann individuell sehr unterschiedlich sein (13), ist aber intraindividuell sehr gut reproduzierbar. Wird bei der gleichen Belastungsintensität in % der Maximalleistung wie oben die Laktatfreisetzung aus einer kleinen Muskelgruppe bestimmt, so nimmt die Laktatfreisetzung mit der Zeit ab (4). Die Ursache liegt in der Regulation der verschiedenen Stoffwechselwege. Mit der Dauer der Arbeit steigt z. B. die Aktivität der Pyruvatdehydrogenase. Das führt zu einem erhöhten Durchsatz durch die aeroben Stoffwechselwege und damit zu einer geringeren Laktatproduktion. Die entsprechenden Regulationsmechanismen können zwar bei einer Arbeit mit einer großen Muskelgruppe durch hormonelle Wirkungen (Catecholamine, Insulin) modifiziert werden, sind aber grundsätzlich die gleichen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es auch bei Fahrradergometrie bei konstanter Belastung zu abnehmender Laktatfreisetzung aus der arbeitenden Muskulatur kommen kann (3).
Bei Arbeit mit einer großen Muskelgruppe (Fahrradergometrie) kommt ein weiterer Faktor, der die Laktatkonzentration beeinflusst, ins Spiel. Die Laktatfreisetzung pro kg Muskel wird durch die Intensität vorgegeben. Ist die arbeitende Muskelmasse größer, so wird das Verhältnis Muskelmasse zu Verteilungsraum für den Metaboliten größer. Folglich steigt bei gleicher Freisetzung pro Kg die Konzentration im interstitiellen Raum und im Blut stärker an. Diese höhere Konzentration ist dann auch im arteriellen Blut zu finden. So werden der Diffusionsgradient zwischen intrazellulären Raum und extrazellulären Raum in der arbeitenden Muskulatur und damit die Freisetzung von Laktat aus der arbeitenden Muskulatur reduziert.
Schon bis hier wird deutlich, dass die Laktatkonzentration gemessen im Kapillarblut, keine präzise Auskunft über den Grad des anaeroben Stoffwechsels in der arbeitenden Muskulatur zulässt. Weiter erschwert wird die Interpretation der Laktatkonzentration, wenn man bedenkt, dass parallel zur Freisetzung und der Verteilung des Laktats auch Laktatelimination stattfindet. Laktat wird dabei zum Einen in die Gluconeogenese eingeführt, zum Anderen aber, da es ein energiereiches Substrat ist, oxidativ in vielen Organen abgebaut. Neben den bekannten „Laktatverbrauchern“ Herz und Leber spielen hier die ruhende und die arbeitende Muskulatur eine Rolle. Eine Netto-Elimination findet vor allem in der mittelintensiv arbeitenden, roten Muskulatur statt (2). Die Laktatelimination in den genannten Organen ist von der Laktatkonzentration im einströmenden Blut und von der Durchblutung abhängig. Mit zunehmender Belastungsintensität und bei hoher Intensität auch mit zunehmender Belastungsdauer nimmt die Durchblutung vieler eliminierender Organe ab, daher sinkt auch die Eliminationsrate (4, 18, 24). Auch das führt zu einem Anstieg der Laktatkonzentration der unabhängig von der Freisetzung beziehungsweise von der Produktion ist. Daher kann es trotz abnehmender Laktat-Freisetzung bei konstanter Belastung zu konstanten arteriellen Laktatkonzentrationen kommen (3). Bergmann et al. gehen darüber hinaus davon aus, dass der arbeitende Muskel nicht die einzige Laktatquelle ist (1).
Die Freisetzung kann man nicht mit der Produktion gleichsetzen. Schon Connett et al. (5) haben gezeigt, dass bei höchsten Belastungen die Freisetzung nicht steigt, während die intrazelluläre Konzentration weiter ansteigt. Auch bei Richardson et al. (19) sistiert die Laktatfreisetzung bei höchsten Intensitäten (Untersuchungen an der Wadenmuskulatur). Die Ursachen können in den beiden Untersuchungen das Überschreiten der Transportkapazität der Laktattransporter in der Membran oder eine nicht mehr ausreichende Durchblutung sein. Bei beiden Untersuchungen war übrigens im mittleren Intensitätsbereich, in dem bei „Ganzkörperbelastungen“ die Schwellen zu finden sind, die Laktatfreisetzung linear mit der Intensität verknüpft. Weiterhin zeigte Brooks (2), dass Laktat innerhalb eines Muskels von weißen Muskelfasern produziert und freigesetzt wird, und gleichzeitig von roten Fasern aufgenommen und verstoffwechselt wird. Gleichzeitig nimmt der arbeitende Muskel aber noch Laktat aus dem arteriellen Blut auf. Die Laktatfreisetzung aus dem Muskel ins Blut zeigt also die Produktion nicht an. Man kann allenfalls von einer Nettofreisetzung sprechen.

Da die Einflüsse auf die Höhe der kapillären Laktatkonzentration so komplex sind, ist es sehr schwer den einzelnen Sportler betreffende, präzise Aussagen über den muskulären Energiestoffwechsel zu treffen. So wird oft versucht, mit Hilfe der Laktatkonzentration den Anteil des Fettstoffwechsels an der Energiebereitstellung abzuschätzen. Dass diese Abschätzungen im Einzelfall grobe Fehleinschätzungen sein können zeigt die Abb.1. Die untersuchten Versuchspersonen arbeiten auf dem Fahrradergometer bei 65% der maximalen Leistung, die sie in einem Stufentest erreichten. Der respiratorische Quotient steigt trotz der deutlich unterschiedlichen Laktatkonzentrationen auf mittlere Werte an. Das bedeutet, dass der Anteil des Fettstoffwechsels an der Energiebereitstellung bei ca. 50 % liegt. Eine nichtmetabolische CO2-Produktion (pH-Wert Pufferung) kann ab der 10. Minute keine Rolle spielen, da die Laktatkonzentrationen bei 3 der Versuchspersonen (Abb. 1) nahezu konstant sind. Wenn die Pufferung oder eine Hyperventilation hier eine Rolle spielen würde, wäre der respiratorische Quotient zu hoch bestimmt, der „echte“ metabolische respiratorische Quotient müsste daher noch tiefer sein. Es ist klar ersichtlich, dass auch bei Laktatkonzentrationen von deutlich über 6 mmol/l noch Fett verstoffwechselt werden kann. Ähnliche Zusammenhänge sind u. A. von Romijn veröffentlicht worden (22, 23). 

PRAKTISCHE ASPEKTE

Dauerbelastung und Laktatleistungskurve
Der für die Leistungsdiagnostik wichtigste Einflussfaktor auf die Laktatkonzentration ist der Ausdauertrainingszustand. Um diesen Einfluss sauber bestimmen zu können ist es Voraussetzung, dass die Randbedingungen bei entsprechenden Tests vergleichbar sind. Dazu gehören physikalische Größen wie die Temperatur, die Luftfeuchte, bei Laufuntersuchungen die z.B. Laufflächenbeschaffenheit (11), bei Fahrradergometrien die Trittfrequenz (12), die Stufenhöhen und -dauern (13) usw. Aber auch physiologische Einflüsse wie zum Beispiel Ernährung und Trainingsbelastung an den Vortagen spielen eine Rolle. Sind die Randbedingungen vergleichbar, ist auch die Laktatkonzentration, die sich bei einer konstanten Belastung einstellt, intraindividuell sehr gut reproduzierbar. Sinkt die Laktatkonzentration bei der gleichen absoluten Leistung, ist der Trainingszustand verbessert. Leistung ist aber nicht gleichbedeutend mit Beanspruchung. Bei entleerten Glykogenspeichern ist die Beanspruchung bei gleicher, absoluter Leistung höher, die Laktatkonzentration aber reduziert. Gleichzeitig aber sind auch die akute maximale Leistungsfähigkeit und die Dauerleistungsfähigkeit geringer (13). Unter solchen Umständen sind je nach Intensität aber die Herzfrequenz und oder die Ventilation erhöht (14).

Wird die Beziehung zwischen Laktat und Leistung bei Arbeit mit einer großen Muskelmasse (z.B. Fahrrad-, Laufbander- gometrie etc.) mit stufenförmig ansteigender Belastung ermittelt, ergibt sich die typische Laktat-Leistungskurve. Nimmt man diese Beziehung aber an einer kleinen Muskelgruppe auf (Unterarmmuskulatur), bleibt die Laktatkonzentration im venösen Blut bei zunehmender Leistung nahezu konstant, da die Durchblutung immer mehr zu nimmt. Die Beziehung zwischen Laktatfreisetzung und Leistung steigt aber nahezu linear (Abb.2). Trotz der linearen Beziehung zwischen Laktatfreisetzung und der Leistung bei Arbeit der kleinen Muskelmasse resultiert aber bei Messung der kapillären Latatkonzentration eine „exponentielle“ Beziehung zwischen der Laktatkonzentration und der Leistung (Abb.2). Die Ursachen sind die gleichen wie oben genannt. Allerdings gibt es jetzt zusätzliche Faktoren. Mit zunehmender Intensität werden mehr Muskelfasern rekrutiert und außerdem verschiebt sich das Rekrutierungsmuster hin zu FT-Fasern, die eher glykolytischen Stoffwechsel betreiben (7). Das zu Stande kommen der Laktatleistungskurve ist also noch schwieriger zu interpretieren als die Laktatkonzentration bei konstanter Belastung.


Regeneration

Das Verhalten der Laktatleistungskurve in Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit ist in Abb.3a und 3b dargestellt. Die Spreizung der Kurve (nicht Verschiebung) nach rechts ist deutlich zu sehen. Wird die Kurve relativ zur Maximalleitung oder VO2peak dargestellt, ist sie aber nahezu unverändert (Abb.3b). Das heißt. die Beziehung zwischen Laktakonzentration und relativer Leistung in Stufentests ist reproduzierbar, wenn die Tests unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt werden. Eine wesentliche Bedingung ist, dass die Tests mit Sportlern in regeneriertem Zustand durchgeführt werden (am besten mindestens 1 Tag Trainingspause mit kohlenhydratreicher Ernährung). In Abb.4 ist das Verhalten dieser Kurve nach unterschiedlicher Vorbelastung dargestellt. Man sieht wie eine intensive Vorbelastung die Kurve im unteren Bereich (der für die meisten Schwellen relevant ist) nach rechts verschiebt und zu niedrigeren Laktatkonzentrationen bei Erschöpfung führt. „Regeneratives“ Training führt zur mittleren Kurve und Glykogenbeladung mit Trainingspause führt zur Linksverschiebung, die aber gepaart ist mit höheren Laktatspiegeln bei Erschöpfung. Diese tritt aber erst bei einer um 10 % höheren Maximalleistung (VO2peak ) ein. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass Laktat bzw. die Azidose nicht grundsätzlich für Ermüdung bei hohen Belastungen verantwortlich sind (25, 27).  


Ausdauerkapazität

Neben der aeroben Kapazität wird die Ausdauerleistungsfähigkeit noch von der Ausdauerkapazität bestimmt. Dieser Begriff ist von Wilmore 1968 (26) eingeführt worden. Er bezeichnet die Dauer, die ein Sportler bei einer konstanten Belastung arbeiten kann als Ausdauerkapazität. Die Dauer ist natürlich wieder von der VO2peak abhängig, wenn man absolute Belastungen zum Test benutzt. Wird aber bei bestimmten Prozentsätzen der VO2peak gemessen, erhält man einen Parameter, der formal unabhängig von der VO2peak ist. Nach Costill et al. (6) korreliert dieser Parameter mit der VO2peak . In unseren eigenen Untersuchungen konnten wir aber keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen finden (15, 16).
Diese Ausdauerkapazität versucht man mit Hilfe der Schwellen zu „bestimmen“. Je höher der Prozentsatz der Schwellenleistung von der VO2peak ist, desto höher soll die Ausdauerkapazität sein. Dazu ein Beispiel aus einer aktuellen Untersuchungsreihe. Untersucht wurden ein Basketballer mit einer Maximalleistung von 370Watt und ein Triathlet mit 451Watt. Die Ruhelaktatkonzentrationen waren: 0,95 mmol/l bei dem Basketballer und 0,76 mmol/l bei dem Triathleten. Der Basketballer erreichte die 2mmol/l im Stufentest bei 17 % der Maximalleistung und die 4 mmol/l bei 56 %. Der Triathlet ereichte die entsprechenden Konzentrationen bei 66 bzw. 78 %. Die Fahrzeit bei 80 % der Maximalleistung betrug bei dem Triathleten 550 s und bei dem Basketballer 953 s, also fast das doppelte. Trotz einer wesentlich „schlechteren“ Laktatleistungskurve war die Ausdauerkapazität des Basketballers bei 80% der Maximalleistung deutlich höher. Diese Ausführungen basieren auf fixen Laktatkonzentrationen. Berücksichtigt man die Ruhekonzentration und den Verlauf der Laktatkonzentration bei den niedrigen Belastungen (21), in dem man 1 mmol/l auf den niedrigsten Wert addiert (21), erreicht der Basketballer den „Schwellenwert“ bei ca. 26% und der Triathlet bei ca. 63%. Dem Triathleten wird auch durch diese Methode die deutlich bessere Ausdauerkapazität attestiert. Das zeigt, dass aus der Laktatleistungkurve die Arbeitszeit im Einzelfall nicht präzise vorhersagbar ist. Ähnliches gilt auch für das maximale Laktat Steady-State. Fontana et al. (9) zeigten gerade, dass die Zeit bis zur Erschöpfung bei der Intensität des maximalen Laktat Steady-State auf dem Laufband von 30 bis 65min und auf dem Fahrradergometer von 30 bis 50 min variierte. Unsere eigenen Untersuchungen zeigten, dass es über den gesamten Intensitätsbereich oberhalb von 60% der VO2peak keinen Zusammenhang zwischen der Ausdauerkapazität und den Parametern der Laktatleistungskurve gibt (Abb. 5; gezeigt für 4 mmmol/l).
Allen genannten Einschränkungen zum Trotz sind die Laktatmessung und die Bestimmung der Laktatleistungskurve gute Mittel zur Bestimmung von Veränderungen in der Leistungsfähigkeit im Längsschnitt. Wegen der oben genannten guten intraindividuellen Reproduzierbarkeit der Beziehung zwischen relativer Leistung und Laktat lassen sich aus den Veränderungen der Laktatkonzentrationen bei bestimmten, absoluten Leistungen Aussagen über Veränderungen des Trainingszustands treffen. Die Reproduzierbarkeit ist in Abb.6 am Beispiel eines Profi-Mountainbikers gezeigt. In der Abb.6 ist die Laktatkonzentration gegen die Differenz der Herzfrequenz gegenüber dem Ruhewert aufgetragen. Das entspricht in etwa der relativen Leistung. Die erste Untersuchung fand im Jahr 1997 mit 17Jahren statt; die letzte 2009. Diese Reproduzierbarkeit ist aber nur zu erreichen, wenn die Rahmenbedingen konstant gehalten werden. Ob diese Bedingungen von Athletenseite erfüllt werden, lässt sich durch die Messung von Zusatzgrößen wie Herzfrequenz, Ventilation (vor allem der Atemfrequenz), des respiratorischen Quotienten, der Glucosekonzentration usw. erschließen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Laktatkonzentration oft überinterpretiert wird. Sie ist aber ein gutes Mittel im Längsschnitt die Entwicklung der Leistungsfähigkeit zu beurteilen. Dazu sind vergleichbare Testbedingungen unumgänglich. Die Interpretation sollte möglichst im Zusammenhang mit weiteren Größen erfolgen. Verallgemeinernde Aussagen sind nicht sinnvoll.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine. 

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Korrespondenzadresse:
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Institut für Sportmedizin
Medizinische Hochschule Hannover
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