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Fortsetzung Akupunktur im Leistungssport: Indikationen, Evidenz und Entwicklung

Akupunktur bei Sportverletzungen

Ziel der Behandlung bei Leistungssportlern ist immer ein möglichst schnelles, sicheres Return-to-Play unter Geringhaltung der Rezidivgefahr. Dabei müssen im Leistungsbereich deutlich mehr Faktoren in die Therapieplanung mit einfließen als bei Hobbysportlern, die vorrangig zu ihrer normalen täglichen Aktivität zurückkehren wollen. Das behandelnde Team aus Sportmedizin, Physiotherapie und Trainerstab agiert im Optimalfall in enger gegenseitiger Absprache. Neben rein medizinischen Aspekten stehen höchst individuelle Entscheidungen zur Debatte, die jedoch sportart- und niveauspezifisch immer wieder angepasst werden sollten.

Prof. Pfab sieht Akupunktur unbedingt als wertvolle Option: »Ich kann jeder Kollegin und jedem Kollegen aus dem sportmedizinischen Bereich empfehlen, Akupunktur professionell zu erlernen und anzubieten. Sie erweitert das therapeutische Spektrum um eine nur minimal invasive Methode, die andere Maßnahmen ohne schädliche Wechselwirkungen oft sehr gut ergänzt.«

Indikationen

In der sportmedizinischen Praxis werden verschiedene Akupunkturformen regelmäßig in folgenden Fällen eingesetzt (3, 4, 6, 8):
• akute Läsionen der Bänder, Sehnen, Muskeln (zur Abschwellung und Förderung der Gewebeproliferation)
• Gelenkdistorsionen
• akute und chronische Bursitiden
• akute Frakturen (zur Abschwellung und Förderung der Knochenneubildung)
• akute und chronische Kniebeschwerden (z. B. Meniskusruptur, Arthrose)
• chronische Überlastungsschäden (z. B. Golfer-/Tennisellenbogen, Tendinitis, Bursitis, Patellaspitzensyndrom)
• Sofortanalgesie und Schmerzmanagement
• Schmerztherapie (Referred pain syndrome)
• Förderung der Regeneration
• verzögert einsetzender Muskelkater/DOMS (Delayed Onset Muscle Soreness)
• postoperative Schmerzen
• myofasziale Nacken- und Rückenschmerzen
• Frozen Shoulder
• belastende Befindlichkeitsstörungen (z. B. Heuschnupfen, Migräne)
• Ganglionzysten
• Sporthernien

Dr. Fleckenstein sieht außerdem interessantes Potenzial für Akupunktur als diagnostisches Werkzeug: »Spricht eine verletzte oder schmerzende Region unmittelbar auf die Nadelung eines zugehörigen Akupunkturpunkts an, kann man mit etwas Erfahrung durchaus diagnostische Rückschlüsse ziehen.«

Verschiedene Akupunktur-Techniken

Im Leistungssport werden, so Prof. Pfab, der selbst dazu forscht (6), verschiedene Techniken verwendet:

• Bei der Körperakupunktur wird an mehreren über den ganzen Körper verteilten Akupunkturpunkten »genadelt«. Selten kommt dazu Laser zum Einsatz. Eine Sonderform ist die Elektroakupunktur, bei der eingestochene Nadeln mit Leitdrähten verbunden und per TENS-Gerät angesteuert werden. Durch die Nerven-Muskel-Interaktion kann dann der Muskeltonus moduliert werden, wodurch meist sofort ein subjektives (!) Gefühl von Lockerung entsteht.

• Mikrosystemakupunktur wie Ohr- und Handakupunktur, Schädelakupunktur nach Yamamoto oder Mundakupunktur nach Gleditsch bilden den ganzen Körper in einem Mikrosystem ab. Jeder Punkt des Körpers kann von dort aus angesteuert werden. Am Ohr verbleiben manchmal kurze Dauernadeln für mehrere Tage am gewählten Punkt.

• Dry Needling aktiviert keine vordefinierten Akupunktur-, sondern individuell je nach Beschwerdebild drucksensible myofasziale Triggerpunkte. Die Nadel wird nur kurz eingestochen und sofort wieder leicht zurückgezogen, sobald am Muskel eine kurze Zuckungsreaktion (»twitch response«) zu spüren ist. Durch den Nadelstich lösen sich Verspannungen schnell und nachhaltig, Sauerstoffversorgung und Durchblutung am Muskel verbessern sich und Entzündungsreaktionen können schneller abklingen.

• Moxibustion ist eine aus dem Ayurveda stammende Methode. Dabei werden glühende kleine Kegel aus gepressten Beifußblättern auf die Akupunkturpunkte gesetzt bzw. geklebt, was diese durch Hitze statt durch Nadelstich reizt. Mittels Moxa-Kegeln können auch gestochene Akupunkturnadeln in der Tiefe erhitzt werden, um den Effekt zu intensivieren.

• Schröpfen mit vorher erhitzten Schröpfgläsern, die sich auf der Haut festsaugen, gehört nicht zu den dezidierten Akupunkturtechniken. Vor allem in der TCM wird es aber oft adjuvant angewendet, etwa zum Lösen myofaszialer Verspannungen, zur Bindegewebsmassage oder zur Ableitung von Blut-Überfülle aus gestauten Bereichen.

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