Menschen mit Handicap
ORIGINALIA
VERÄNDERTE ERNÄHRUNGSSTRATEGIE FÜHRT ZUR LEISTUNGSSTEIGERUNG

Leistungssteigerung beim Zeitfahren durch veränderte Ernährungsstrategien – eine randomisierte Cross-over-Studie

A Change of the Nutrition Strategy Leads to an Improved Time-Trial Performance: a Randomized Cross-Over Study

ZUSAMMENFASSUNG

Die vorliegende Arbeit überprüft, ob eine vom Sportler gewählte Ernährungsstrategie (A) im Vergleich zur wissenschaftlich vorgegebenen Strategie (S) zu Veränderungen der Leistungsfähigkeit in einem 40-Meilen-Zeitfahren (Z) führt, das nach einer Dauerbelastung von 2h 30min (D) erfolgt. 18 Radsportler (2 Frauen, 16 Männer; Alter: 34,4±9,8 Jahre; VO2max: 55,0±8,5 [ml•min-1•kg-1]) wurden dazu in einem randomisierten Cross-over-Design im Abstand von 2 Wochen mit jeweils A und S getestet. Nach einem Warm-Up und einem VO2max-Test konsumierten die Sportler bei S alle 15min ein Energiemischgetränk (D: 274,5±29,2ml; Z: 195,1±57,4ml) auf der Grundlage von Kohlenhydraten (D: 26,0±2,7g; Z: 18,6±5,4g), Mineralstoffen (Natrium D: 187,9±19,7mg; Z: 133,8±39,0mg) und Koffein (D: 27,7±3,4mg; Z: 11,6±3,4mg). Mit S wurde das Zeitfahren signifikant schneller (128±11min versus 136±13min; p≤0,001) und bei einer höheren durchschnittlichen Leistung (212Watt versus 184Watt; p≤0,001) absolviert. Die Aufnahme von Flüssigkeit, Nahrungsenergie (Kohlenhydrate) und Natrium war während D signifikant höher bei S (p≤0,001). Die Teilnehmer hatten mit S von Anfang an schnellere Rundenzeiten über die 10 Meilen Abschnitte. Beim Zeitfahren war nur die Natriumaufnahme signifikant höher in S (p≤0,001). In Langzeitausdauerbelastungen führt eine Ernährungsstrategie, die sich an wissenschaftlichen Ergebnissen orientiert, zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit.

Schlüsselwörter: Ausdauerbelastung, Radsport, Wettkampfernährung, Flüssigkeitsaufnahme, Kohlenhydratzusammensetzung.

SUMMARY

The study examined whether or not an athlete’s self-chosen nutrition (A), compared to a scientifically determined strategy (S), leads to differences in performance in a 40-mile time-trial (TT) after a 2h 30min endurance exercise (EE). Eighteen cyclists (16 men and 2 women; age: 34.4±9.8yr; VO2max: 54.9±8.0 [ml•min-1•kg-1]) were tested using a randomised crossover-design at intervals of two weeks, following either A or S. For S, athletes ingested a drink (EE: 274.5±29.2 ml; TT: 195.1±57.4ml) composed of carbohydrates (EE: 26.0±2.7g; TT: 18.6±5.4g), electrolytes (NaCl EE: 187.9±19.7mg; TT: 133.8±39.0mg) and caffeine (EE: 27.7±3.4mg; TT: 11.6±3.4mg) every 15min. In S, the athletes completed TT faster (128±11min versus 136±13min; p≤0.001) and with a significantly higher power output (212 watts versus 184 watts; p≤0.001). Adhering to S, athletes completed the 10-mile sections faster right from the start. The intake of fluid, energy (carbohydrate-, mono- and disaccharide) and sodium was significantly higher in S than in A (p≤0.001) during EE. In TT, only sodium intake was significantly higher in S (p≤0.001). In conclusion, a scientifically proven nutrition leads to improved performance in prolonged endurance efforts.

Key Words: Endurance performance, cycling, competition diet, fluid intake, carbohydrates, nutrition strategy.

EINLEITUNG

Bei intensiven Langzeitausdauerbelastungen ist die richtige Ernährung von großer Bedeutung, um im Wettkampf eine maximale Leistung erzielen zu können. Die Aufnahme von Kohlenhydraten führt nachweislich zu einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Ausdauerwettkampf (7, 16, 18, 23). Durch die Nahrungsaufnahme werden die Muskelglykogenspeicher geschont und die Belastungsfähigkeit gesteigert (11). Bei Belastungen von über einer Stunde führt eine Kohlenhydrataufnahme von 30 bis 60g/h zu einer Verzögerung der Ermüdung (2, 9, 14). Für den Erhalt der Leistungsfähigkeit in Dauerbelastungen von über 2h 30min wird Athleten hingegen eine erhöhte Kohlenhydrataufnahme von 90g/h empfohlen (4). Es hat sich gezeigt, dass die kombinierte Aufnahme von Fruktose und Maltodextrin im Vergleich zur alleinigen Aufnahme von Glukose oder Maltodextrin eine Steigerung der Oxidationsrate bewirkt, so dass die Kohlenhydrataufnahme auf 1,5g/min (90g/h) erhöht werden kann (33). Eine Verabreichung einer Kohlenhydratlösung, die sich aus Fruktose und Maltodextrin zusammensetzt, führt nachweislich zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit (22, 26, 27). In diesem Zusammenhang stellten Rowlands et al. (27) fest, dass die Aufnahme von Fruktose und Maltodextrin im Verhältnis 1:2 verglichen mit einer Glukose-Maltodextrin-Lösung beim Zeitfahren zu einer schnelleren Rundenzeit und weniger Magenkrämpfen führt.
In welchen Mengen eine Kohlenhydratlösung zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit konsumiert werden soll, geht aus der Studienlage nicht einheitlich hervor. Während das ACSM 1996 noch eine Flüssigkeitsaufnahme von 600 bis 1200ml empfahl (2), wird seit 2007 zu einer individuellen Vorgabe der Flüssigkeitsaufnahme geraten, die einen 2%igen Verlust des Körpergewichts bzw. die Dehydration verhindert (1). Dennoch gibt das ACSM (1) beispielhaft an, dass eine Aufnahme einer 6-8%igen Kohlenhydratlösung in Mengen von 500 bis 1000ml pro Stunde geeignet ist, um die Leistungsfähigkeit bei Langzeitausdauerbelastungen zu erhalten. Im Gegensatz dazu behaupten Noakes et al. (21) und Goulet et al. (13), dass Sportler lediglich bei Durst trinken müssen, um die Leistungsfähigkeit abzusichern.
Galloway und Maughan (12) konnten belegen, dass bei einer Flüssigkeitszufuhr von 250ml je 10min im Vergleich zu 125ml je 10min die Ermüdung der Radsportler bei 30°C deutlich später einsetzt. Speedy et al. (29) stellten fest, dass der Flüssigkeitsverlust während des Radfahrens im Triathlon durchschnittlich über 800ml/h lag. Für Ausdauerbelastungen von über 2h 30min ist eine Flüssigkeitsaufnahme in Form einer Kohlenhydratlösung von ca. 1000ml pro Stunde angemessen, um unter anderem eine Veränderung des Körpergewichts von 2% verhindern zu können (6, 20, 23, 31). Rowlands et al. (26) gaben in ihrer Studie für eine Dauerbelastung von über 2h eine Flüssigkeitsaufnahme von 2,78ml/Wmax/h vor, die bei einem durchschnittlichen Radsportler (75kg; 360W) ebenfalls 1000ml pro Stunde entspricht. Die höhere Flüssigkeitsaufnahme wurde gewählt, um die Osmolalität der Kohlenhydratlösung zu verringern und die Kohlenhydratresorption zu steigern.
Abgesehen von der Flüssigkeits- und Kohlenhydrataufnahme stellt die unzureichende Mineralstoffzufuhr einen weiteren limitierenden Faktor der Ausdauerleistung dar. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Abfall der Natriumkonzentration durch erhöhte Schweißproduktion mit einer Abnahme der Belastungszeit korrelierte (24, 32). Zur Prävention einer belastungsinduzierten Hyponatriämie und zur Aufrechterhaltung des Plasmavolumens sollten mindestens 450mg Natrium pro Stunde (20, 30) bzw. eine Kohlenhydratlösung mit einem Natriumgehalt von 450mg/l konsumiert werden (5). Darüber hinaus hat die Aufnahme von 3- 6mg Koffein pro kg Körpergewicht oder 450mg Koffein vor Trainingsbeginn ebenfalls einen leistungssteigernden Effekt (8, 10, 17, 19).
Aus diesen Erkenntnissen wurde für Langzeitausdauerbelastungen folgende Ernährungsstrategie abgeleitet: A) Flüssigkeit in Portionen von 250ml alle 15min, B) 0,5g Natrium pro Liter, C) 90g Kohlenhydrate pro Stunde, die sich aus Fruktose und Maltodextrin im Verhältnis 1:2 zusammensetzen und D) 6mg/kg Körpergewicht Koffein. Von ambitionierten Ausdauersportlern mit hinreichender Wettkampferfahrung nahmen wir an, dass sie über ein Basiswissen hinsichtlich Energie-, Flüssigkeits- und Mineralstoffaufnahme während intensiver Ausdauerbelastungen verfügen. Sie sollten in der Lage sein, für bestimmte Leistungsanforderungen selbstständig eine optimale Verpflegung zusammenzustellen und bedarfsgerecht im Wettkampf für sich einzusetzen.

In dieser Studie wurde überprüft, ob sich eine vom Sportler selbst gewählte Ernährungsstrategie (A) von einer wissenschaftlich vorgegebenen Strategie (S) grundsätzlich unterscheidet und ob diese differenzierten Ernährungsweisen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit bei wettkampfspezifischer Langzeitausdauerbelastung haben. Es wurde erwartet, dass die Sportler mit S ein besseres Zeitfahrergebnis als mit A erzielen.

MATERIAL UND METHODEN

Probanden und Untersuchungsdesign
Rekrutiert wurden 18 (2 Frauen, 16 Männer) Radsportler (Trainingsumfang: 12- 17h pro Woche). Alter, Anthropometrie und maximale Sauerstoffaufnahme sind in Tab.1 dargestellt. In einem randomisierten Cross-over-Design wurden die Athleten für den ersten Messzeitpunkt (MZP1) entweder der S- oder A-Strategie zugeteilt. Nach zwei Wochen (MZP2) wurde die Ernährungsstrategie gewechselt. Die Messzeitpunkte und dabei erfasste Parameter sind in Abb. 1 dargestellt. Vor dem ersten Test mussten die Teilnehmer ihre selbst gewählte Ernährungsstrategie planen und dokumentieren, um nicht von der wissenschaftliche Ernährungsstrategie im Sinne eines Lerneffekts zu profitieren. Die Probanden unterzogen sich vor den Belastungstests einem medizinischen Check, wurden umfassend über die Studie informiert und erklärten ihr Einverständnis zur freiwilligen Teilnahme. Personenbezogene Daten wurden unmittelbar nach der Datenaufnahme pseudonymisiert. Die ethischen Grundlagen der von dem Weltärztebund verfassten Helsinki Deklaration (2008) wurden in der Studie berücksichtigt.

Untersuchungsprotokoll
Beide Untersuchungen fanden unter gleichen Bedingungen im Labor (20°C) statt. Um eine Vergleichbarkeit der Ernährung zu gewährleisten, wurde den Probanden die Protokollierung und Standardisierung ihrer Ernährung zwei Tage vor Testbeginn auferlegt. Mit Ausnahme des Rampentests wurden alle Versuche auf einem computergesteuerten Rollenergometer (RacerMate, Modell Compu Trainer, England) durchgeführt. Nach einer 20-minütigen Erwärmung bei 100W erfolgte der Rampentest auf einem Ergometer (Fahrradergometer FES, Modell E 2000s, Deutschland) mit Spirometrie (Cortex, Modell Metamax 3b, Deutschland) zur Bestimmung der VO2max. Zu beiden Messzeitpunkten wurde der VO2max-Test einmal durchgeführt. Der Test begann bei 150W und die Belastung wurde alle 30s um 25W bis zur subjektiven Ausbelastung gesteigert. Nach 30-minütiger Pause erfolgte eine Dauerbelastung über 2h 30min. Die Trainingsintensität entsprach einer Leistung von etwa 70% VO2max. Die Sportler mussten mit Hilfe eines vorinstallierten Programms mehrere Runden auf einer profilierten 10-Meilen Strecke fahren, bei der 147 Höhenmeter absolviert werden mussten. Um bei dem zweiten Messzeitpunkt die gleiche Belastungsintensität zu gewährleisten, wurden die individuellen Geschwindigkeitsprofile bei der ersten Dauerbelastung gespeichert und beim wiederholten (zweiten) Versuch auf dem Bildschirm mittels eines fiktiven Radfahrers angezeigt. Im Anschluss an die Dauerbelastung erfolgte ein Zeitfahren über 40 Meilen (64,36km), d.h. die Sportler sollten die Distanz in kürzester Zeit bewältigen.

Physiologische Parameter
Die Herzfrequenz wurde mittels tragbarem Herzfrequenzmessgerät und Brustgurt (Polar Electro, Modell S810i/ WearLink, Finnland) alle 15Sekunden während Erwärmung, Rampentest, Dauerbelastung und Zeitfahren erfasst.
Zur Bestimmung der Plasmaglukose- und Laktatkonzentration wurden 10µl kapillares Blut aus dem Ohr entnommen und unter Verwendung einer enzymatisch-amperometrischen Messmethode bestimmt (Dr. Müller, Modell Super GL ambulance, Deutschland). Die Entnahme der Blutproben erfolgte in Ruhe, zwei und fünf Minuten nach dem Rampentest zur Bestimmung der VO2max, sowie nach Abschluss jedes einzelnen 10-Meilen-Abschnitts in der Dauerbelastung und im Anschluss an das Zeitfahren.
Vor der Erwärmung und unmittelbar nach dem Zeitfahren wurde das Körpergewicht mit einer Körperanalysewaage (Tanita, Modell TBF-521, USA) sowie die Körperzusammensetzung mit einer tetrapolaren Bioimpendanzanalyse (Data Input GmbH, Modell BIA 2000-S, Deutschland) erfasst.

Durchführung und Protokollierung der Ernährungsstrategie
Bei der wissenschaftlichen Ernährungsstrategie wurden die Sportler mit zwei verschiedenen Energiemischgetränken in Form von Kohlenhydratpulvern (Tab. 2) auf der Basis isolierter Fruktose und Maltodextrin (Glukosepolymere), die im Verhältnis 1:10 in Wasser aufgelöst wurden, versorgt. Beim Warm-up und dem VO2max-Test sowie während der anschließenden 30-minütigen Pause bekamen die Sportler jeweils 500ml des CP1. Während der ersten 30min der Dauerbelastung erhielten die Sportler eine körpergewichtsbezogene Menge des CP2 (Berechnungsgrundlage: 3mg Koffein pro kg Körpergewicht), die zwischen 375ml und 750ml lag. Das Verhältnis der Inhaltsstoffe blieb dabei erhalten. Das CP2 wurde lediglich am Anfang der Dauerbelastung verabreicht, da es über eine höhere Koffeinkonzentration verfügt. Für die folgenden Zeitintervalle von 15min in der Dauerbelastung und dem darauf folgenden Zeitfahren bekamen die Sportler jeweils 250ml CP1. Die konsumierte Menge der Produkte wurde in den entsprechenden Zeitintervallen (Warm-up, VO2max-Test und in der Pause von 30min, Dauerbelastung und Zeitfahren alle 15min) exakt erfasst.
In der A-Strategie konnten die Sportler ihre eigene Ernährungsstrategie wählen. Art, Name und Menge der aufgenommenen Gele, Riegel und Lebensmittel wurden ebenfalls in den genannten Zeitintervallen erfasst. Die Aus- und Rückgabe der Produkte (alle 15 bzw. 30min) wurde bei beiden Strategien durch eine digitale Waage (TCM, Modell 253363, Deutschland) mit einer Genauigkeit von ±1g erfasst.
Das Ernährungsprotokoll bezüglich der aufgenommenen Produkte (Nahrungsmittel) wurde mittels Prodi Compact 5 (NutriScience, Deutschland) ausgewertet. Bei den Fertigprodukten (Gele, Pulver) dienten die Angaben der Hersteller als Rechengrundlage.

Statistische Auswertung
Die statistische Analyse wurde mit SPSS Statistics 17.0 durchgeführt. Die Daten wurden im Vorfeld durch den Kolmogorov-Smirnov-Test auf Normalverteilung überprüft. Bei nicht normal verteilten Werten wurde der Wilcoxon-Test angewandt. Für normal verteilte, intervallskalierte Daten erfolgte der t-Test für verbundene Stichproben. Interaktionseffekte wurden mittels ANOVA und Bonferroni Post Hoc Test überprüft. Das Signifikanzniveau wurde auf p=0,05 festgelegt. Die folgenden Variablen wurden für den Vergleich zwischen S und A herangezogen: Körpergewicht [kg], mittlere Herzfrequenz [1/min], Laktatkonzentration [mmol/l], Glukosekonzentration [g/l], durchschnittliche Tretleistung im Zeitfahren [W], Rundenzeit [hh:mm:ss] alle 10Meilen, Flüssigkeitsmenge [ml], Energie [kcal], Kohlenhydrate [g], Mono- und Disaccharide [g], Natrium [mg], Kalium [mg], Magnesium [mg] und Koffein [mg].

ERGEBNISSE

Leistung
Die durchschnittliche Leistung während des Zeitfahrens lag bei 212±36Watt mit S und 184±34Watt mit A. Die Differenz war hoch signifikant (p≤0,001). Die höhere Leistung äußerte sich in einer signifikant (p<0,001) kürzeren Fahrzeit von durchschnittlich 8 min (A: 02:16:20±00:13:18 [hh:mm:ss]; S: 02:08:25±00:10:41 [hh:mm:ss]). Die Teilnehmer hatten mit S von Anfang an schnellere Rundenzeiten über die 10 Meilen Abschnitte (Abb. 2).

Energieaufnahme, Flüssigkeit und Elektrolyte
Die Sportler nahmen mit der S-Strategie im Vergleich zur A-Strategie in der Dauerbelastung mehr Flüssigkeit und Energie auf (p≤0,001) (Tab. 3). Beim Zeitfahren zeigten sich keine Unterschiede (Abb. 3, Panel A&B). Des Weiteren war die Natrium- und Koffeinaufnahme sowohl bei der Dauerbelastung als auch im Zeitfahren bei der S-Strategie signifikant höher (p≤0,001) als mit A (Tab. 4).

Herzfrequenz
Während der Dauerbelastung gab es zwischen S und A keine Unterschiede in der Herzfrequenz (S: 141,8±7,81/min vs. A: 142,4±7,71/min; p=0,72). Im Gegensatz dazu war die Herzfrequenz beim Zeitfahren mit der S-Strategie signifikant höher als mit A (S: 161,3±9,1l/min vs. A: 157,7±8,7l/min; p=0,03).

Laktat
Die mittlere Laktatkonzentration veränderte sich während der Dauerbelastung nicht und war mit der S-Strategie tendenziell höher beim Zeitfahren (S: 2,92±1,56mmol/l vs. A: 2,30±1,08mmol/l, p=0,064).

Körpergewicht
Der Abfall des Körpergewichts war innerhalb der A-Strategie höher, besonders während des Zeitfahrens. Vergleicht man das Körpergewicht zwischen S und A, so erkennt man Unterschiede nach der Dauerbelastung (S: 0,3±0,8kg; A: -0,5±0,9kg; p=0,027) und dem Zeitfahren (S: -0,5±0,9kg; A: -1,0±0,9kg; p=0,05). Die prozentuale Abnahme des Körpergewichts betrug bei S 0,7±1,4% und bei A 1,5±0,9%.

DISKUSSION

Das Ziel der Studie war zu prüfen, ob sich eine selbst gewählte Ernährungsstrategie (A) von einer wissenschaftlich vorgegebenen Ernährungsstrategie (S) unterscheidet und ob diese verschiedenen Ernährungsstrategien einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit bei einem Zeitfahren in Anschluss an eine Dauerbelastung haben.

Leistung
Sportler hatten mit S signifikant schnellere Rundenzeiten, höhere durchschnittliche Leistungen und höhere Herzfrequenzwerte im Zeitfahren. Vermutlich ist die höhere Leistung bei S mit einem kombinierten Effekt aus Menge und Zeitpunkt der Flüssigkeitsgabe, Zusammensetzung der Nährstoffe und Mineralien sowie der Koffeinaufnahme zu begründen. Die deutlichen Unterschiede in der Versorgung bei den Ernährungsstrategien während der Dauerbelastung haben sich dann auf die Leistung im Zeitfahren ausgewirkt.

Energieaufnahme, Flüssigkeit und Mineralstoffe
Während der Dauerbelastung nahmen die Athleten mit S mehr Energie, Flüssigkeit und Mineralstoffe auf als bei A. Dadurch kam es zu einer besseren metabolischen Situation mit S. Unsere Ergebnisse sind konform mit vorherigen Studien, die nachweisen konnten, dass die Zufuhr einer Kohlenhydratlösung (Fruktose und Maltodextrin im Verhältnis 1:2) während langer intensiver Trainingsbelastungen die Ausdauerleistung verbessert (22, 26, 27). Da die verabreichten Pulver Fruktose und Maltodextrin statt Glukose enthielten, wurde die Magenentleerungsrate trotz einem Kohlenhydratanteil von ca. 9% nicht nachteilig beeinflusst (24).
Die Aufnahme von insgesamt 1,3g (A) bzw. 3,4g (S) Natrium dürfte keinen Einfluss auf die Leistungsunterschiede gehabt haben, denn in der Studie von Hew-Buttler et al. (15) wurde gezeigt, dass eine Aufnahme von 3,6g Natrium bei einem Triathlonwettkampf (Langdistanz) sich nicht auf die Leistungsfähigkeit ausgewirkt hatte. Um die Energieversorgung zu gewährleisten, wurden während der Dauerbelastung mit S mehr Kohlenhydrate pro Zeit (26g/15min) aufgenommen als mit A. Bei der Belastung führte diese konstante Einnahme bei S zu einer effizienteren Energieversorgung der Muskulatur. Mit A konsumierten die Sportler nicht nur Flüssigkeiten (wie in der S-Gruppe), sondern auch Energieriegel, Gele, Bananen und komplexe Kohlenhydrate (Brötchen und Brot mit Wurst). Die Aufnahme der komplexen Kohlenhydrate in Kombination mit Fetten, Proteinen und Ballaststoffen scheint die Glukoseresorption zu hemmen (16).
Durch die S-Strategie sollte ein Flüssigkeitsdefizit während der gesamten Testdauer minimiert werden. Der Richtwert von 250ml Flüssigkeitsaufnahme alle 15min konnte lediglich mit S während der Dauerbelastung und der 30minütigen Pause im Anschluss des VO2max-Tests realisiert werden. Die Flüssigkeitsaufnahme war bei der Dauerbelastung mit A signifikant niedriger als mit S. Dieses Flüssigkeitsdefizit konnte im anschließenden Zeitfahren bei A nicht mehr kompensiert werden. Ob dies die Ursache für die verminderte Leistung bei A war, kann nicht belegt werden, denn das Ausmaß der Dehydratation lag mit unter 2% noch in einem physiologischen Grenzbereich. Um eine Hyponatriämie während Ausdauerbelastungen zu vermeiden, ist eine Natriumaufnahme von mindestens 0,45g/h (20, 30) bzw. 0,45g/l notwendig (5). Die Sportler aus der Studie nahmen durchschnittlich 0,65±0,12g/h mit S und 0,2±0,18g/h mit A auf. Die Abweichung von der Richtlinie von 0,5g/h in S ergab sich aus der Standardisierung der Versorgung auf eine körpergewichtsbezogene Menge an Koffein.
Die für die Glukoseaufnahme notwendigen SGLT-1 Transporter, die obligat natriumabhängig sind, waren in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt (36). Diesem SGLT-1 Transporter obliegt als Sekundäreffekt auch der aktive und passive Wassertransport durch die Darmmukosa (37). Leistungsfähigere Glukosetransporter sind der GLUT-2 Transporter in der Mukosazelle und der GLUT-4 Transporter in der Muskelzelle (34). Fruktose wird hingegen über den GLUT-5 Transporter durch eine erleichterte Diffusion aufgenommen (35). Eine Lösung bestehend aus Fructose und Maltodextrin, welches zu Glukosemolekülen hydrolisiert wird, kann dementsprechend schneller aufgenommen werden, als ein Produkt aus nur einer Kohlenhydratquelle, da Fruktose und Glukose unterschiedliche Transporter nutzen.
Die Koffeinaufnahme kann in bestimmten Mengen die Ausdauerleistung verbessern (8, 10, 17, 19). Eine akute orale Koffeinaufnahme beeinflusste nicht die Dynamik der Blutglukose (28). Die signifikant höhere Koffeinaufnahme mit der S-Strategie entsprach der in der Literatur notwendigen Dosis zur Erhöhung der Ausdauerleistungsfähigkeit (3). Diese Wirkdosis wurde in der A-Strategie nicht erreicht.

Körpergewicht
Die Körpermasse des Athleten ist bei der Flüssigkeitsaufnahme bzw. Verabreichung zu beachten. Das Körpergewicht nahm mit S über die Zeit der Dauerbelastung leicht zu. Dies spricht für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt und eine hinreichende Flüssigkeitszufuhr. Nach dem Zeitfahren kam es jedoch bei beiden Strategien zu einem geringen Gewichtsverlust. Dieser Gewichtsverlust hat keinen Einfluss auf die Ausdauerleistung (13). Eine einheitliche Flüssigkeitsvorgabe ist nach den Angaben des American College of Sports Medicine nicht notwendig (1), hat sich allerdings bei dieser Studie bewährt. Die Ergebnisse dieser Studie widerlegen darüber hinaus die Behauptungen von Noakes et al. (21) und Goulet et al. (13), dass Sportler lediglich bei Durst trinken müssen, um ihre sportliche Leistung zu optimieren.

Laktat
Leistung und Geschwindigkeitsverlauf während der Dauerbelastung waren identisch bei beiden Ernährungsstrategien. Ebenso gab es bezogen auf die Plasmalaktatkonzentration keine Unterschiede zwischen den Interventionen während der Dauerbelastung. Jedoch war während des Zeitfahrens eine tendenziell (p=0,064) höhere Laktatkonzentration mit S zu erkennen, die auf die vermehrte Aufnahme von Kohlenhydraten im Getränk und die höhere Leistung zurückgeführt werden kann (25).

Limitationen
Als Haupteffekt der Leistungsverbesserung in S sehen wir die stete Verfügbarkeit von aufgenommenen Kohlenhydraten im oberen Bereich bisheriger Empfehlungen. Wahrscheinlich wirkte noch die leistungsfördernde Koffeinaufnahme, da die aufgenommene Menge bei S der belegten ergogenen Wirkung des Koffeins entsprach. Aufgrund der multifaktoriellen Intervention kann nicht eindeutig bestimmt werden, inwiefern die veränderte Flüssigkeits- und Mineralaufnahme zur Leistungsverbesserung beigetragen haben. Eine weitere Limitation war die fehlende Verblindung der Probanden. Ein Placebo-Effekt bei der S-Strategie ist jedoch weitgehend auszuschließen, da die Teilnehmer mit ihrer eigenen Ernährungsstrategie eine höhere Leistung erreichen wollten.
Der Effekt der Ernährungsstrategie muss in Kombination mit der vorangegangenen Ausdauerbelastung (VO2max-Test und Dauerbelastung) gesehen werden. Ohne die anstrengenden Belastungen vor dem Zeitfahren und die dabei leichte Unterversorgung mit Kohlenhydraten und Flüssigkeit bei A wäre der Effekt der Leistungszunahme bei S möglicherweise kleiner gewesen. Die Ergebnisse können also nicht auf ein solitäres Zeitfahren ohne hohe Ausdauervorbelastung übertragen werden.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: keine.

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Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Kuno Hottenrott
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Department Sportwissenschaft
Von-Seckendorff-Platz 2
06120 Halle (Saale)
E-Mail: kuno.hottenrott@sport.uni-halle.de