Heilkunde beim antiken Olympia
Medicine in the Ancient Olympics
Schon früh wurde auch in der Antike von den Athleten eine intensive Vorbereitung auf die sich vierjährig wiederholenden Olympischen Spiele gefordert. Die Trainer waren vielfach gleichzeitig Ärzte, denen von Badedienern und Masseuren assistiert wurde. Ihr wohl bedeutendster Vertreter war Herodikos von Selymbria. Er war ursprünglich Trainer (Paidotribe) gewesen, entwickelte aber nach einer Erkrankung eine neue Heilmethode unter Einbeziehung der Gymnastik. Seine schriftlichen Überlieferungen zu Fragen der Diätetik und physischen Rehabilitation dürften wie die anderer griechischer Ärzte mit dem besonderen Interesse an der athletischen Betreuung zusammenhängen. Auch Hippokrates (460 bis 370 v. Chr.) wurde maßgeblich von ihm beeinflusst.
Überforderung Jugendlicher kritisiert
Bemerkenswert sind die Klagen zeitgenössischer Schriftsteller, wonach ehrgeizige Trainer ihre jugendlichen Wettkämpfer bei den Vorbereitungen überforderten. Bereits Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) hatte erkannt, wie schädlich es sei, von Knaben die gleichen Trainingsleistungen wie von den Männern zu verlangen. So käme es, dass selten jugendliche Olympiasieger, die ab der 37. Olympiade gesondert ermittelt wurden, auch im reifen Mannesalter noch erfolgreich wären.
Antike Sexkontrolle
Eine auffällige Besonderheit der antiken Olympiakämpfer war ihre völlige Nacktheit. Das war im griechischen Alltag durchaus nicht die Regel. Auch die Wettkämpfe der homerischen Zeit und der anfänglichen Olympiaden wurden noch nicht unbekleidet durchgeführt.
Der Spartaner Akanthos als Langstreckensieger der 15. Olympiade (720 v. Chr.) soll zum ersten Male nackt gelaufen sein. Kurz zuvor soll ein Sprinter seinen Schurz verloren und gesiegt haben. Seitdem wurde die Nacktheit der Sportler üblich und zur Vorschrift. Dieses Gesetz (404 v. Chr.) erstreckte sich später auch auf die Trainer in der Arena, nachdem die als Betreuer verkleidete Mutter eines jugendlichen Olympioniken vor Freude über den Sieg ihres Sohnes im Faustkampf der Knaben die Umfriedung der Kampfbahn übersprang und als Frau erkannt wurde.
Sportverletzungen sehr bedeutsam
Im Epos des Quintus von Smyrna aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. findet sich die Beschreibung medizinischer Behandlung von Athleten. Mitgeteilt ist die Therapie eines verstauchten Fußknöchels durch Aderlass und Salbeneinreibung. Die Wunden eines Boxers wurden ausgesaugt, genäht und mit äußerlichen Medikamenten versorgt. Bedingt durch die Kampftechnik mit bloßen, nur mit einem Lederband bewehrten Fäusten, scheint vor allem das Boxen für schwere Gesichtsverletzungen mit resultierenden Entstellungen gesorgt zu haben. Dokumentiert sind dabei auch zwei Todesfälle. Viele Unfälle ereigneten sich beim Pankration, einer brutalen Kombination von Boxen und Ringen. Es ist vorstellbar, dass bei diesem Kampf mit allen Mitteln schwerste Verletzungen und Todesfälle nicht ausbleiben konnten. Philostratos, der griechische Schriftsteller, bezeichnete es nichtsdestoweniger als das „Schönste in Olympia“. Galen (129 bis 199), auch Sport- und Wundarzt bei den Gladiatoren, äußert sich zu Schäden bei Läufern, die sich zu viel zumuten und weist daraufhin, dass schnelle Läufe schon vielen den Tod durch „Riss eines Gefäßes“ gebracht hätten. Berichtet ist von einem Langläufer, der auf dem Heimweg von einem siegreich bestandenen Wettkampf verstarb.
Da mit Sportverletzungen regelmäßig zu rechnen war, bemühte man sich frühzeitig um die Verpflichtung kundiger Ärzte. Während der römischen Kaiserzeit im 2. Jahrhundert ist aus Kleinasien nachweisbar, dass ein Berufsathleten-Verein einen leitenden Arzt (Archiatros) angestellt hatte.
Niedergang und Verbot der antiken Olympischen Spiele
Mit dem Niedergang der Olympischen Spiele waren die römische Herrschaft über das besiegte Griechenland, christliche Widerstände gegen den Zeuskult, Einzug kommerzieller Momente in den Sport, Berufssportlertum und Korruption verbunden.
Um selbst an den Olympischen Spielen teilzunehmen, befahl der berüchtigte Cäsar Nero (37 bis 68) im Jahre 65 die Verschiebung der 211. Olympischen Spiele um zwei Jahre. Er kreierte dazu völlig neue Disziplinen und ließ sich dann zum vielfachen Sieger erklären. Auch in dem von ihm inaugurierten Fohlenrennen mit Zehnergespannen wurde er zum Sieger ausgerufen, obgleich er während des Rennens aus dem Wagen stürzte und das Ziel, selbst nachdem man ihn wieder in das Gefährt gehoben hatte, gar nicht erreichte. Diese Spiele wurden später von den Verantwortlichen der Spiele (Hellanodiken) kurzerhand aus dem Verzeichnis der Olympiaden gestrichen.
Im Jahre 393 untersagte schließlich der römische Kaiser Theodosius I. die Abhaltung der Olympischen Spiele für alle Zukunft, nachdem bereits zwei Jahre vorher alle so genannten heidnischen Feste verboten worden waren.
- Olympia und die Medizin. Dt Ärztebl 37 (2000) 2403- 2404.
- Sport in Greece and Rome. Thames and Hudson, ohne Ort, 1972.