Sportmedizin
ÜBERSICHT
LEISTUNGSDIAGNOSTIK IM FUSSBALL

Leistungsdiagnostische Testverfahren im Fußball – methodische Standards

Performance Diagnosis in Football – Methodological Standards

ZUSAMMENFASSUNG

Die  Beachtung  methodischer  Standards  bestimmt  in  wesentlichem  Maße  die Verlässlichkeit  leistungsdiagnostischer  Feldtests.  Bei  Ausdauertests  sind  hohe Anforderungen  an  die  Qualität  der  Messmethoden  (Laktatdiagnostik  und Spiroergometrie)  zu  stellen.  Stufentests  sollten  eine  einheitliche  Stufendauer und  -höhe  aufweisen.  Die  Angabe  des  genauen  Auswerteverfahrens  (bei Laktat-  und  ventilatorischen  Schwellen)  und  die  Dokumentation  objektiver Ausbelastungskriterien (bei ausbelastungsabhängigen Testverfahren) ist obligat. In  der  Schnelligkeitsdiagnostik  ist  immer  eine  Lichtschrankenmessung  zu empfehlen,  wobei  Lichtschrankenart,  Laufuntergrund  und  Startmodalität dokumentiert werden sollten. Die Ergebnisdarstellung sollte Mittelwerte mehrerer Sprints sowie den individuellen Bestwert beinhalten. Sprungkraftmessungen sollten mittels Kontaktmatten oder Kraftmessplatten erfolgen. Eine Standardtestbatterie besteht aus Counter Movement Jump, Drop Jump und Squat Jump. Die qualitative Ausführung  des  vertikalen  Strecksprungs  (bilaterale  Hüft-  und  Knieextension, Plantarflexion)  muss  beachtet  werden.  Auch  hier  ist  die  Angabe  individueller Bestwerte sowie eines Mittelwerts aus mehreren Sprüngen zu empfehlen. Bei der Beurteilung  der  Bewegungsfunktionalität  bzw.  der  Körperstabilität  sollte  eine Kombination von komplexer Bewegungsanalyse und isolierter Muskelfunktionsdiagnostik zur Anwendung kommen, wobei standardisierte Untersuchungsabläufe mit geschulten Untersuchern gefordert sind. Für alle Testverfahren gilt, dass sie hinsichtlich der Testgütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität) evaluiert sein sollten. Dabei sollte möglichst auf publizierte Daten zurückgegriffen werden. Die Vergleichbarkeit von Testergebnissen (zwischen unterschiedlichen Institutionen bzw. mit publizierten Referenzwerten) ist nur bei identischer Testdurchführung möglich.  Es  sollte  allgemein  akzeptierten  und  verbreiteten  Testverfahren  der Vorzug vor „Eigenproduktionen" gegeben werden.

Schlüsselwörter:  Ausdauer,  Schnelligkeit,  Sprungkraft,  Rumpfstabilität, Leistungsfähigkeit.

SUMMARY

The  reliability  of  field  tests  is  mainly  dependent  on  high  methodological  standards.  Quality  of  laboratory  methods  (lactate  and  gas  exchange  measurement) is of critical importance. During multi-stage tests, step duration and step increments  should  be  standardized  and  uniform.  Evaluation  procedures  (lactate  or ventilatory  threshold  determination) and objective  criteria to assess the degree of  effort  spent  (when  exhaustive  exercise  is  necessary)  should  be  documented. When assessing sprinting abilities the use of electronic timing gates is mandatory. The type of the timing gates, the running surface as well as the starting modalities have to be reported. It is recommended that average values of several sprints and individual best values are documented. Jumping height should be assessed by means of contact mats or force platforms. A standard test battery consists of counter  movement  jump,  drop  jump  and  squat  jump.  The  quality  of  the  jumps (bilateral hip and knee extension, plantar flexion) is important. Reporting of individual best values and averages of several jumps is suggested. To assess functional movement ability and core stability a combination of complex movement analysis together with testing of isolated muscle function is most appropriate. Investigations should be standardized and conducted by trained staff. It is mandatory that all testing procedures fulfil criteria of good scientific practice (objectivity, reliability and validity) - documented by published data whenever possible. Only identical testing procedures enable the comparison of data between different institutions or with published reference values. Widely accepted and commonly used procedures should be preferred to self-made tests.

Key words: endurance, speed, power, core stability, soccer, performance.

EINLEITUNG

Fußball  ist  eine  Mannschaftssportart  mit  intervallartigem  Belastungscharakter,  die  hohe  Anforderungen  an  die  physische  Leistungsfähigkeit der Spieler stellt (33). Dementsprechend haben das Fitnesstraining und in diesem Zuge auch die Fitnesstestung in den letzten Jahren sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der täglichen Praxis an Bedeutung gewonnen (5, 21, 23).
Vielfach wird aus der Praxis der Wunsch geäußert (zuletzt auf  dem  DFB-Kongress  im  Januar  2010  in  Frankfurt/Main), Durchführungsstandards  für  leistungsdiagnostische  Maßnahmen zu formulieren, um eine möglichst weitgehende Vergleichbarkeit herzustellen.
Für laborgestützte Diagnostik ist ein solches „Regelwerk“ bereits weitgehend etabliert. Daher sollen im Rahmen dieses Beitrags wesentliche methodische Aspekte verschiedener im Fußball relevanter leistungsdiagnostischer Feldtests dargestellt werden.
Damit  soll  keineswegs  die  Auswahl  leistungsdiagnostischer Instrumente  beschränkt,  sondern  vielmehr  der  Versuch  einer einheitlichen  Festlegung  verschiedener  relevanter  Durchführungsdetails unternommen werden. Die Definition methodischer Standards  soll  für  die  im  Fußball  am  häufigsten  getesteten  physischen  Komponenten  Ausdauerleistungsfähigkeit,  Sprintschnelligkeit, Sprungkraft und Bewegungsfunktionalität bzw. Körperstabilität erfolgen.

TESTS DER AUSDAUERLEISTUNGSFÄHIGKEIT

Mehrere  Studien  haben  die  Bedeutung  der  Ausdauerleistungsfähigkeit im Fußball sowohl für physische Aspekte (Laufleistung in verschiedenen  Intensitätsbereichen,  Spielintensität)  als  auch  für technische und taktische Komponenten belegt (z. B. 12, 14, 15).
Traditionelle Tests zur Bestimmung der Ausdauerleistungsfähigkeit und zur Ableitung von Trainingsempfehlungen stellen die Laktatdiagnostik sowie die Spiroergometrie dar, die auch im Feld möglich ist („ambulante Spiroergometrie“) und beispielsweise eine den Laborbedingungen vergleichbare Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme ermöglicht (26). Sowohl bei der Laktatdiagnostik als auch bei der Spiroergometrie (insb. unter Feldbedingungen) müssen hohe qualitative Anforderungen an die methodische Vorgehensweise  (z.  B.  Gerätekalibration  und  Personalschulung)  gestellt werden (8, 22). Stufentests sollten zeitlich gleich lange Stufen aufweisen, die in regelmäßigen Intervallen gesteigert werden.
Eine  Angabe  des  genauen  Auswerteverfahrens  mit  Bezug  auf veröffentlichte Literatur sollte Bestandteil des Befundberichtes sein (6, 24). Im Bereich des Deutschen Fußball-Bundes wird seit Jahren im Herren- und männlichen Juniorenbereich einheitlich mit 3-minütigen Stufen gearbeitet, der Start liegt in der Regel bei 10 km/h, die Steigerung pro Stufe bei 2 km/h. Die Auswertung erfolgt anhand der individuellen anaeroben Schwelle nach Stegmann et al. (32). Neben diesen traditionellen Tests existieren weitere standardisierte Testverfahren, die insbesondere im europäischen Ausland zum Einsatz kommen. Darunter fallen stufen- bzw. rampenförmig ansteigende Testverfahren,  sog.  Shuttle  run-Tests,  die  die  maximal  erreichte Geschwindigkeit  beurteilen  (z.  B.  YoYo-Tests,  mod.  MontrealTrack-Test). Die in diesen Tests maximal erreichte Geschwindigkeit weist  eine  hohe  Korrelation  zur  Laufleistung  im  Wettkampf  bzw. zur Spielintensität auf (1, 28). Zudem existieren vermeintlich „fußballspezifischere“  Tests,  die  verschiedene  Bewegungsmuster  bzw. die typische Belastungsstruktur des Fußballspiels simulieren oder mit Ball durchgeführt werden (z. B. Bangsbo-, Hoff- oder LIST-Test) (23). Diese Tests beurteilen die in einer vorgegebenen Zeit zurückgelegte Wegstrecke (ähnlich Cooper-Test).
Alle im letzten Absatz genannten Testverfahren sowie die Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme sind ausbelastungsabhängig. Daher müssen diese Testverfahren symptomlimitiert bis zur Erschöpfung durchgeführt werden, um aussagekräftig zu sein. Eine Dokumentation objektiver Ausbelastungskriterien (z. B. über die maximale Herzfrequenz, die maximal erreichte Blutlaktatkonzentration, den maximalen Respiratorischen Quotienten und/oder ein  levelling-off  der  Sauerstoffaufnahme)  ist  erforderlich,  so  dass diese Daten erhoben und dokumentiert werden sollten (25).

SCHNELLIGKEITSTESTS

Der  Schnelligkeit  wird  ebenfalls  eine  große  Bedeutung  zugesprochen, wobei trotz hoher Plausibilität die wissenschaftliche Befundlage momentan noch ausbaufähig ist (7, 28). Die Laufschnelligkeit kann im Wesentlichen in drei Komponenten unterteilt werden: die lineare Schnelligkeit (geradeaus), die Schnelligkeit mit Richtungswechseln  (Wendigkeit,  Agility)  und  die  Schnelligkeit  bei  wiederholten Sprints in kurzen Abständen (Schnelligkeitsausdauer bzw. „repeated  sprint  ability“).  Eine  direkte  Übertragbarkeit  der  Leistungsfähigkeit in einer der drei Komponenten auf eine andere ist dabei nicht zwangsläufig gegeben (35).
Die Erfassung der Schnelligkeit sollte mittels Lichtschranken erfolgen. Die Variabilität einer Handstoppung übersteigt jene der Tag-zu-Tag-Schwankung der Sprintleistung bei weitem (13).
Die Lichtschranken sollten in der Regel durchgehend hüfthoch (ca. 1 m) aufgestellt werden. Es sollte dabei die Art der verwendeten  Lichtschranke  (Einfach-  vs.  Doppellichtschranke)  berichtet werden, da diese sowohl auf die gemessenen Zeiten als auch auf die Reliabilität der Messung einen Einfluss haben (10). Ähnliches gilt auch für die Wahl des Untergrundes. Oft werden von Trainern Tests auf Rasen gewünscht, da dies den sportspezifischen Gegebenheiten entspricht. Diese Wahl kann einen systematischen Einfluss auf die gemessenen Zeiten haben (9). Zudem sind bei einer längsschnittlichen  Testung  im  Saisonverlauf  vergleichbare  Testbedingungen (z.B. „Tiefe“ des Rasens im Sommer vs. Winter, Rücken- bzw. Gegenwind) nicht immer gegeben. Die Testung auf einer Kunststoffbahn in der Halle ermöglicht eine wesentlich bessere Standardisierung.
Sprinttests geradeaus werden im Fußball in der Regel über Distanzen bis 40 m durchgeführt, wobei die meisten Arbeitsgruppen 10  m-  und  30  m-Zeiten  messen  (33).  Aber  auch  5  m-  und  20  mZeiten werden oft berichtet. Der Ablauf erfolgt üblicherweise ohne Startsignal, um die Reaktionszeit als „Störfaktor“ für diese Testung auszuschließen. Der Start variiert zwischen 0 und 100 cm vor der ersten Lichtschranke oder wird mittels eines Startkontaktes ausgelöst. Die Angabe zu den Startmodalitäten ist in einem Befundbericht unbedingt erforderlich, da die Geschwindigkeit an der ersten Lichtschranke das Ergebnis maßgeblich beeinflusst.
Berichtet werden sollten Mittelwerte von mehreren (3 bis 5) Läufen (bessere Reliabilität (10)) sowie der beste Lauf. Die dargestellten methodischen Einflussfaktoren können bei einem linearen 30 m-Sprint in der Summe zu intraindividuellen Unterschieden von bis  zu  0,3  s  führen.  Die  standardisierte  DFB-Testung  arbeitet  für einen 30 m-Sprint mit einem Startabstand von 1 Meter und Zwischenzeiten nach 5 und 10 m (Einfachlichtschranken). Es werden 3 ( früher 5) Sprints durchgeführt.
Bei  sogenannten  Agility-Tests  muss  beachtet  werden,  dass eine  sehr  große  Anzahl  an  verschiedenen  Tests  existiert,  die  teilweise  keinen  besonders  engen  Zusammenhang  aufweisen  und nicht unbedingt die Anforderungen der Sportart Fußball abbilden (31). Die Tests unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich Gesamtdauer sowie Anzahl und Größe der Richtungsänderungen. Insgesamt sind diese Testverfahren in der Regel nur unzureichend hinsichtlich der Testgütekriterien evaluiert (3). Probleme der Standardisierung können insb. in der Durchführung der Richtungswechsel  bestehen,  wobei  hier  die  „Rutschfestigkeit“  des  Untergrunds einen relevanten Einfluss hat. Auch hier ist eine Zeitmessung per Hand zu ungenau.
Zudem  werden  in  den  letzten  Jahren  vermehrt  sogenannte „repeated sprint ability“-Tests propagiert (34). Diese Tests beinhalten mehrere Sprints (6 bis 20) unterschiedlicher Länge (10 m bis 40 m) mit kurzen Pausen (ca. 20 s bis 40 s). Gemessen werden die schnellste Zeit, die mittlere Zeit sowie ein Ermüdungsindex (Verschlechterung über die Anzahl der Versuche). Man muss beachten, dass  die  Spieler  vom  ersten  Sprint  an  maximal  laufen  und  nicht in  Erwartung  der  kommenden  Sprints  submaximal  beginnen,  da dann  nicht  die  tatsächliche  Schnelligkeitsausdauer  getestet  wird (34) und der Ermüdungsindex seine Aussagekraft verliert. Bei allen Schnelligkeitstests ist insofern die maximale Anstrengung der Spieler von besonderer Bedeutung. Liegt sie nicht vor, ist eine adäquate Interpretation nahezu unmöglich.

TESTUNG DER SPRUNGKRAFT

Zu den wichtigsten physischen Anforderungen im Fußball gehören die explosiven Aktionen im Spiel (z. B. Sprints und Sprünge) (33).  Das  Schnellkraftverhalten  der  Beinstreckerkette  kann  als wichtige Basisgröße solcher fußballtypischer explosiver Aktionen betrachtet werden.
Ein in Wissenschaft und Praxis etabliertes Verfahren zur differenzierten  Erfassung  des  Schnellkraftverhaltens  der  Beinstreckerkette  ist  der  Standard-Sprungkrafttest.  Dieser  besteht  aus dem Squat Jump (SJ), dem Counter Movement Jump (CMJ) und dem Drop Jump (DJ). Mit diesen drei Sprungformen lässt sich das Schnellkraftverhalten  rein  konzentrisch  (SJ)  als  auch  unter  den Bedingungen des langsamen (CMJ) und des schnellen DehnungsVerkürzungs-Zyklus (DVZ) bestimmen. CMJ und partiell DJ zeigen  in  einer  Reihe  von  Studien  signifikante  Korrelationen  zum linearen Maximalsprint (29). Die Bedeutung der SJ-Höhe liegt in der Möglichkeit zur Relativierung des Schnellkraftverhaltens unter  DVZ-Bedingungen  am  rein  konzentrischen  Schnellkraftverhalten (30).
Bei allen drei Sprungformen ist das generelle Bewegungsziel, im Rahmen eines vertikalen Strecksprungs die maximale Sprunghöhe  zu  erzielen.  Dabei  bleiben  die  Hände  am  Becken,  um  den Einfluss der Übertragung des Armimpulses auszuschließen. Beim SJ springt der Sportler aus 90°-Knie- und Hüftbeugung ohne Ausholbewegung (rein konzentrische Kraftentfaltung) (11). Beim CMJ steht der Sportler und führt eine schnelle Auftaktbewegung (bis zu einem  max.  Kniewinkel  von  90°)  mit  anschließendem  vertikalem Absprung  durch  (11).  Beim  DJ  löst  sich  der  Sportler  durch  Vorschwingen eines Beines von einer Erhöhung und springt dann mit kurzem Bodenkontakt maximal in die Höhe (11). Zu diesem Zweck werden  standardisierte  Fallhöhen  eingesetzt  (entweder  in  8-cmSchritten [24 cm, 32 cm, 40 cm …] oder in 5-cm-Schritten [30 cm, 35 cm, 40 cm ...]), die zu dokumentieren sind. Beim DJ wird neben der Sprunghöhe eine kurze Bodenkontaktzeit angesteuert, aus der sich  ein  Reaktivkraftindex  (Sprunghöhe  pro  realisierter  Kontaktzeit) errechnen lässt.
Die  Sprunghöhe  wird  mit  Hilfe  von  Kontaktmatten  oder Kraftmessplatten  ermittelt,  was  ebenfalls  dokumentiert  werden sollte. Zur Berechnung der Sprunghöhe wird häufig das Flugzeitverfahren  favorisiert  (11).  Die  Sprunghöhe  kann  aber  auch  aus dem  Absprung-  oder  (seltener)  Landeimpuls  ermittelt  werden. Es ist zu beachten, dass die zuverlässige Ermittlung der Sprunghöhe,  insbesondere  bei  der  Flugzeitbestimmung,  an  die  technisch korrekte Ausführung der Sprünge gebunden ist (Kriterien: bilaterale  Hüft-  und  Knieextension  sowie  Plantarflexion  im  Absprung). Technisch unsaubere Sprünge dürfen nicht in die Analyse  auf genommen  werden.  Pro  Sprung  bzw.  Fallhöhe  sollten 3  bis  5  technisch  saubere  Sprünge  durchgeführt  werden.  Die technische Bewertung der Sprünge sollte von einem erfahrenen Testleiter vorgenommen werden. In der bereits erwähnten DFBTest batterie  werden  CMJ  und  DJ  (35  cm  Fallhöhe)  mittels  Kontaktmatten gemessen.

TESTUNG BEWEGUNGSFUNKTIONALITÄT UND KÖRPERSTABILITÄT

Beweglichkeit, Kraft und Koordination gelten als Voraussetzungen funktioneller  und  sicherer  Bewegungen,  die  im  Zusammenspiel von Extremitäten und Rumpf entstehen. Die notwendige Rumpfstabilität (core stability) umfasst neben der Kontrolle von Rumpfposition und -bewegung auch die Kraftgenerierung, -übertragung und -kontrolle zwischen Rumpf und Extremitäten innerhalb komplexer Bewegungsketten (18). Funktionell ausgedrückt sichert sie also die „proximale Stabilität zur distalen Mobilität“ (18). Der eindeutige  Nachweis  ihrer  Bedeutung  für  die  sportliche  Leistungsfähigkeit in Spielsportarten steht zwar noch aus, jedoch wird der „core  stability“  vermehrt  verletzungsprophylaktische  Bedeutung zugeschrieben (2, 20). Das macht die Erfassung der Körperstabilität für die Leistungsdiagnostik im Fußball relevant.
Bislang  existiert  kein  Goldstandard  zur  Diagnostik  von Rumpfstabilität und Bewegungsfunktionalität (18). Der Untersucher hat grundsätzlich die Wahl zwischen Konzepten, die entweder auf die Messung physikalischer Größen wie Kraft oder Winkel abzielen, die Qualität komplexer Bewegungen beurteilen oder die Funktion isolierter Muskelgruppen beschreiben. Dazu stehen apparative und manuelle Methoden zur Verfügung.
Apparative Tests der Rumpfmuskulatur sind zwar meist aufwändig,  können  aber  eine  hohe  Reliabilität  aufweisen  (17).  Ein weiterer  Vorteil  liegt  in  der  mindestens  ordinalen  Messbarkeit des Ergebnisses, die eine dementsprechende Einordnung und Bewertung erlaubt. Allerdings gelten die erhobenen Werte nur für bestimmte Winkel (isometrische Tests) bzw. Winkelgeschwindigkeiten  (isokinetische  Tests).  Sie  ermöglichen  daher  weder  eine Aussage  über  die  Koordination  der  Muskulatur  noch  über  die Rumpfstabilisierung  bei  Extremitätenbewegungen.  Auch  dynamische  Maximalkraft-  oder  Kraftausdauertests  mit  Standardübungen  wie  Rumpfaufrichten  oder  Rückenstreckung  lassen kaum Aussagen über Koordination und Funktionalität innerhalb komplexerer Bewegungsmuster zu.
Zur Beurteilung von Koordination und Funktionalität bieten sich manuelle Untersuchungsmethoden an. Der Functional Movement  Screen  (FMS)  hat  sich  im  praktischen  Athletiktraining diverser Spielsportarten zum Test von Beweglichkeit und Kraftfähigkeiten innerhalb grundlegender Bewegungsmuster bewährt und kommt auch in der Testbatterie des DFB zum Einsatz. Er umfasst  7  Subtests,  für  die  der  Untersucher  zwischen  0  (Schmerz) und  3  Punkte  (korrekte  Durchführung  ohne  kompensatorische Bewegungen)  vergibt.  Die  nachvollziehbare  und  einfach  überprüfbare Definition korrekter Ausführung hilft dem Untersucher, fehlerhafte  motorische  Programme,  mangelnde  Beweglichkeit, Kraftkomponenten  oder  schlechte  Koordination  zu  erkennen. Drei Subtests erfassen die Qualität komplexer Bewegungsmuster wie Kniebeuge, Schritt über ein Hindernis und Ausfallschritt. Weitere  Tests  beurteilen  die  Beweglichkeit  der  Hüftflexion,  Außen- und Innenrotation sowie Abduktion und Adduktion der Schultergelenke und die Rumpfstabilität in Translation und Rotation. Die Literaturlage zum FMS ist dennoch eher spärlich. Nach Minick et al. (27) ist der FMS reliabel, sofern die Untersucher entsprechend geschult werden.
Zudem  erlaubt  er  nach  Auffassung  anderer  Autoren  eine  Abschätzung des Verletzungsrisikos (19), was im Sinne der externen Validität interpretierbar ist. Er ermöglicht jedoch prinzipiell keine Beurteilung schneller Bewegungen oder von solchen mit hoher Last. Die eigentliche Ursache von Fehlern innerhalb komplexer Bewegungen offenbart  der  FMS  nicht  per  se,  sondern  allenfalls  in  Kombination mit weiteren Tests.
Eine  differenzierende  Diagnose  erlaubt  die  Kombination  des FMS mit der klassischen Muskelfunktionsdiagnostik nach Janda (16). Kern dieses Konzepts ist die Untersuchung der Muskelgruppen nach Verkürzung oder Abschwächung. Es beschreibt Kraft und Beweglichkeit in 5 Stufen und erlaubt eine Beurteilung einfacher Stereotypen (16). Die Ursachen möglicher Fehlerbilder, die der FMS zeigt, lassen sich auf diese Weise teilweise diagnostizieren und anschließend gezielt therapieren.
Häufig  treten  bei  Erhöhung  der  Bewegungsgeschwindigkeit, der  Last  oder  bei  Ermüdung  Kompensationsmechanismen  auf, die sich momentan nicht über etablierte, reliable und valide Tests feststellen lassen. Daher scheint es ungeachtet des diagnostischen Verfahrens notwendig, den Athleten während des Trainings genau zu beobachten und eine detaillierte Trainings- und Verletzungsanamnese zu erheben.
Als  Grundlage  für  das  Training  im  Bereich  Beweglichkeit  und Funktionalität  sind  die  Ergebnisse  aus  FMS  und  zusätzlicher  Muskelfunktionsdiagnostik  sehr  hilfreich.  Apparative  Krafttests  spielen in der Praxis eine untergeordnete Rolle, können aber zur Quantifizierung der Kraftfähigkeit isolierter Muskelgruppen ergänzend eingesetzt werden.

ZUSAMMENFASSENDE BETRACHTUNGEN

Zusammenfassend  kann  festgehalten  werden,  dass  die  Beachtung methodischer  Standards  in  wesentlichem  Maße  die  Verlässlichkeit leistungsdiagnostischer Feldtests im Fußball bestimmt.

Insbesondere sollten die gewählten Testverfahren hinsichtlich der Testgütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität) evaluiert sein  (4),  wobei  auch  der  Testökonomie  eine  gewisse  Bedeutung zukommt. In diesem Zusammenhang ist auch die Beurteilung der Sensitivität  eines  Tests  unter  sportpraktischen  Kriterien  (Welche Unterschiede  sind  im  Fußball  relevant?  Können  diese  mit  dem gewählten  Testverfahren  entdeckt  werden?)  von  Bedeutung  (4). Bei der Beurteilung der Testgütekriterien sollte möglichst auf publizierte  Daten  zurückgegriffen  werden.  Die  Vergleichbarkeit  von Testergebnissen  (zwischen  unterschiedlichen  Institutionen  bzw. mit publizierten Referenzwerten) ist nur bei identischer Testdurchführung möglich. Es sollte allgemein akzeptierten und verbreiteten Testverfahren der Vorzug vor „Eigenproduktionen“ gegeben werden. Eine zusammenfassende Darstellung methodischer Empfehlungen für die Testung der verschiedenen physischen Komponenten ist in Tabelle 1 gegeben.
Die Autoren hoffen, mit diesen Darstellungen und Festlegungen zu  einer  Einheitlichkeit  und  Vergleichbarkeit  in  der  Leistungsdiagnostik des deutschen Fußballs beigetragen zu haben.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine

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Korrespondenzadresse:
Dr. phil. Oliver Faude
Institut für Sport- und Präventivmedizin,
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Campus Geb. B 8.2
66123 Saarbrücken
E-Mail: o.faude@mx.uni-saarland.de