Sportmedizinische Verbundforschung in Deutschland – Eine Chance für unser Fach
Collaborative Research in Multicentre Studies – Perspectives for German Sports Medicine
Wie nicht zuletzt auch die aktuellen Entwicklungen zeigen, besteht in wachsendem Maße der Bedarf an der Bearbeitung originär sportmedizinischer Forschungsthemen wie im Bereich der bewegungsassoziierten Prävention, aber auch dem Gesundheitsmanagement im Nachwuchs- und Spitzensport, um hier nur beispielhaft zwei wichtige Themenkomplexe zu nennen. Den Anforderungen, denen man bei der Bearbeitung dieser Forschungsfelder gerecht werden muss, umfassen zum einen die wichtige Koppelung von grundlagenorientierter und klinischer Forschung. Nicht selten ist darüber hinaus jedoch auch ein hohes Maß an Interdisziplinarität notwendig, die über den Tellerrand der Sportmedizin hinausreicht.
Die Umsetzung und Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen ist in unserem Fach ein zweifelsohne nicht immer einfaches Unterfangen. Die sportmedizinischen Einrichtungen in Deutschland sind im Vergleich zu den großen klinischen Fächern sowohl was die Zahl der Lehrstühle als auch deren Größe betrifft, eher überschaubar. Hinsichtlich der knapper werdenden Ressourcen an den Universitäten und Klinika besteht zudem die Gefahr, dass selbst dieser Status Quo auf den Prüfstand gerät. Hinzu kommen Unterschiede der einzelnen sportmedizinischen Einrichtungen in Hinblick auf ihre Struktur sowie die Einbindung an ihren jeweiligen Standorten und den dortigen Zugang zu Kooperationspartnern anderer Disziplinen und Fachrichtungen.
Entsprechend ist die Bearbeitung eines Teils wichtiger Forschungsthemen unseres Fachs durch einzelne Einrichtungen allein nicht zu leisten. Dies gilt insbesondere für Trainingsstudien, bei denen oft hohe Fallzahlen notwendig sind, aber auch für Projekte, für welche die Etablierung und Verfügbarkeit verschiedener Methodentechniken Voraussetzungen sind. Neben der auch an dieser Stelle schon mehrfach beschworenen Notwendigkeit einer enger Kooperation mit anderen Fachdisziplinen muss aber auch die Zusammenarbeit der sportmedizinischen Einrichtungen untereinander bei wissenschaftlichen Projekten weiter entwickelt werden.
Kooperationsprojekte innerhalb der Sportmedizin sind, wie Beispiele dies auch belegen, nichts Neues. Auch aktuell sind hier durchaus sehr erfreuliche Entwicklungen zu verzeichnen.
So ist es dem Zentrum für Prävention und Sportmedizin der TU München und dem Herzzentrum an der Universität Göttingen gelungen, eine multizentrische, von der DFG geförderte Trainingsstudie zur Behandlung der diastolischer Herzinsuffizienz (Ex-DHF) zu initiieren. Mit über 20 beteiligten Zentren ist dieses Projekt die bisher größte randomisierte und prospektive Trainingsstudie in Europa. Ein mehrjährig vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft gefördertes WVL-Projekt widmet sich dem Thema der individuellen Trainierbarkeit bei Leistungssportlern. Es wird in Kooperation der drei sportmedizinischen Einrichtungen in Gießen, Tübingen und Ulm durchgeführt und soll wichtige Erkenntnisse über die molekularen Mechanismen der Aktureaktion auf einen Belastungsreiz und die Trainingsanpassung erarbeiten. Erst kürzlich wurde unter sportmedizinischer Federführung durch die Arbeitsgruppe Sportkardiologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) der Aufbau eines Myokarditisregisters für Sportler initiiert, an dem mehrere sportmedizinische Einrichtungen in Deutschland beteiligt sein werden.
Zahl und Umfang der in Richtung von Verbundforschung gehenden Projekten besitzen in der deutschen Sportmedizin jedoch noch weiteres Entwicklungspotenzial. In Deutschland gibt es eine ganze Reihe anerkannter sportmedizinischer Arbeitsgruppen, die in ihren jeweiligen wissenschaftlichen Schwerpunkten wettbewerbsfähig sind.
Es gilt, das in der deutschen Sportmedizin existierende Synergiepotential verstärkt zu nutzen und dies in gerade auch Form weiterer Verbund- und Kooperationsprojekte in zählbare und nachhaltige Forschungsleistungen umzusetzen.
Die Chancen dafür sind da.