Sportmedizin
ÜBERSICHT
HANDLUNGS-EFFEKT-VERKNÜPFUNGEN

Werden sportmotorisch relevante Handlungs-Effekt-Verknüpfungen über dopaminerge Neuromodulationen vermittelt?

Are Action-Effect Relations in Sports mediated by Dopaminergic Neuromodulation?

Technische Universität München, Fakultät für Sportwissenschaft, Institut für Sportpsychologie, München

ZUSAMMENFASSUNG

Eine bedeutende Rolle für die menschliche Motorik spielen die Schleifen zwischen Kortex und den Basalganglien. Der Übersichtsbeitrag beschäftigt sich mit der Rolle der Dopaminvermittelten Neuromodulation dieser Schleifen. Es werden neurowissenschaftliche Befunde und Überlegungen angeführt, wonach phasische Komponenten der Aktivität dopaminerger Neurone Lernvorgänge bezüglich Handlungs-Effekt-Verknüpfungen vermitteln und diese Aktivierungen sportmotorische Relevanz besitzen können. Die dargestellten Zusammenhänge verweisen darauf, dass Lernvorgänge bezüglich Situations-Handlungs-EffektVerknüpfungen insbesondere dann aktiviert werden, wenn das Ergebnis einer motorischen Handlung besser ist als erwartet.

Schlüsselwörter: motorisches Lernen, Basalganglien, Dopamin, kortiko-striatale Schleifen

SUMMARY

Abstract/Summary: The loops linking cortex and basal ganglia are crucial for human motor skills. The cortico-striatal loops are influenced by dopaminergically mediated processes of synaptic plasticity. The activational property of dopaminergic neurons serves as a teaching signal.This article presents evidence that phasic release of dopamine mediates learning processes in the basal ganglia that are relevant for motor skills in sports.In the topology of cortico-striatal and striatal synaptic strength activation, patterns are reflected that constitute successful motor skill learning. The arguments presented in this article support the effectiveness of differential teaching and learning.

Key words: motor learning, basal ganglia, dopamine, cortico-striatal loops

EINLEITUNG

In der Sportwissenschaft gilt es insbesondere innerhalb der Informationsverarbeitungsansätze als unbestritten, dass koordiniertes Bewegungsverhalten Planungsvorgänge erfordert (32, 44). Während der ersten 150 - 200 ms scheinen Bewegungen im Sinne einer Open-loop-Kontrolle vorprogrammiert; erst ab diesem Zeitpunkt können Regelungsprozesse in die Bewegung eingreifen, sie müssen es jedoch nicht (44). In den neueren sportwissenschaftlichen Motoriktheorien ist das Konstrukt ‚Bewegungsprogramm’ teilweise umstritten; dennoch scheint menschliche Bewegung ohne eine – wie auch immer geartete – Programmierung als interne Bewegungsrepräsentation nicht denkbar (32).
Taktische Effektivität im Sport setzt unabdingbar Wissen darüber voraus, welche Verhaltensweisen unter welchen Bedingungen zu welchen Konsequenzen führen (43). Das Modell der antizipativen Verhaltenskontrolle von Hoffmann (18) postuliert einen Kontrollprozess für Verhaltenssteuerung, in den solches Wissen integriert ist. Das Modell von Hoffmann liefert die Grundlage für verschiedene sensomotorische Lernkonzepte (21, 23, 24) und Taktiktrainingsmodelle im Sport (43). Im Modell der antizipativen Verhaltenskontrolle wird angenommen, dass jede Ausführung eines intendierten Verhaltensaktes mit der Antizipation gewollter Effekte einhergeht. Die antizipierten Effekte werden mit den real eintreffenden Effekten verglichen. Die Verbindungen zwischen bestätigten Antizipationen und der Handlung werden gestärkt, nichtbestätigte Antizipationen führen zu einer Differenzierung der Situationsbedingungen. Der folgende Übersichtsbeitrag beschäftigt sich mit der Rolle der Dopaminvermittelten Neuromodulation kortikostriataler Schaltkreise. Es werden Überlegungen angestellt, wonach phasische Komponenten der Aktivität dopaminerger Neuronen für motorisch bedeutsame Kontroll- und Lernvorgänge relevant sein könnten, wie sie im Modell von Hoffmann verwendet werden. Die dargestellten Zusammenhänge verweisen darauf, dass Lernvorgänge bezüglich Situations-Handlungs-Effekt-Verknüpfungen insbesondere dann aktiviert werden, wenn das Ergebnis einer Handlung besser ist als erwartet und diese Lernvorgänge sehr wahrscheinlich hohe Bedeutung im Sport besitzen können.

KORTIKOSTRIATALE SCHLEIFEN UND DOPAMINERGE PROJEKTIONEN

Es besteht Übereinkunft darüber, dass dem Neokortex und den Basalganglien (BG) eine bedeutende Rolle beim Erlernen motorischer Fertigkeiten zukommt. Motorische Bedeutung erreichen die BG insbesondere durch ihre Verbindung zum motorischen Hirnstamm und den bewegungsbezogenen Bereichen des Kortex. Es wird seit langem vermutet, dass eine Funktion der BG die Auswahl geeigneter motorischer Handlungen ist (33). Zentrale Eingangsstation der BG ist das Striatum. Die BG und der Kortex sind über Bahnen, die von vielen unterschiedlichen Bereichen des Kortex zum Striatum und vom Striatum über multisynaptische Verbindungen zurück zum Kortex führen, sehr stark miteinander verknüpft (2, 16).
Dopamin ist ein Neurotransmitter, der eng mit motivationalen Mechanismen, Lernen und Aufmerksamkeit in Verbindung gebracht wird. Dopaminerge Projektionen aus der Substantia nigra (SN) und den Area tegmentalis ventralis (VTA) projizieren insbesondere in die BG und in frontale Kortexbereiche (2, 16). Das Dopaminsystem ist sehr weit verzweigt und erreicht jedes Neuron im Striatum (26). Die VTA innerviert das ventrale Striatum, die SN projiziert in das dorsale Striatum. Das ventrale Striatum scheint große Bedeutung als Aktivator und Verstärker verschiedener Verhaltensweisen im Rahmen instrumentellen Lernens zu besitzen (46). Der dorsale Teil des Striatums scheint in das Speichern und Abrufen gelernter motorischer Handlungen eingebunden zu sein (30, 38). Mit phasischer Dopaminfreisetzung wird die synaptische Ausschüttung großer Mengen von Dopamin infolge kurzer Salven von Aktionspotenzialen bezeichnet (15). Hiervon wird die tonische Dopaminfreisetzung unterschieden, die die spontane Feuerung in einem niederfrequenten Bereich bezeichnet.

NEUROMODULATION KORTIKOSTRIATALER SCHLEIFEN DURCH PHASISCHE DOPAMINAKTIVIERUNGEN

Die Informationsverarbeitung kortikostriataler Schleifen steht unter dem Einfluss dopaminabhängiger synaptischer Plastizität (40). Prozesse synaptischer Plastizität scheinen überdauernde Veränderungen in neuronalen Schaltkreise zu entwickeln, die damit zu überdauernden Veränderungen im Verhalten führen. Diesen Vorgängen liegen sehr wahrscheinlich Langzeitpotenzierung (LTP) und Langzeitdepression (LTD) zugrunde (z.B. 28, 35, 41, 47). Die LTP führt zu einer überdauernden Zunahme der Übertragungsstärke an den synaptischen Endungen, die LTD zu einer überdauernden Reduktion der synaptischen Übertragung. Reynolds und Wickens (40) kommen in ihrem Übersichtsbeitrag über Vorgänge synaptischer Plastizität in kortikostriatalen Schaltkreisen zu der Schlussfolgerung, dass zur Auslösung von LTP in diesen Strukturen drei Faktoren notwendig sind: eine phasische Dopaminausschüttung, eine präsynaptische Aktivierung und eine postsynaptische Depolarisation.

PHASISCHE DOPAMINAKTIVIERUNGEN REFLEKTIEREN EINEN „REWARD PREDICTION ERROR“

In der Verhaltensforschung bezeichnet eine Belohnung jedes Objekt oder Ereignis, das Annäherungsverhalten entwickelt und Konsum und Lernen dieses Verhaltens hervorruft (51). Die meisten Dopaminneurone der VTA und SN antworten phasisch auf unerwartet auftretende Belohnung (25, 34) sowie auf Signale, die eine zukünftige Belohnung vorhersagen (48), ohne zwischen unterschiedlichen sensorischen Modalitäten zu unterscheiden. Beispielsweise konnte in Einzelableitungen bei Affen gezeigt werden, dass diese Dopaminneuronen bei der unerwarteten Verabreichung einer Belohnung in Form einer süßen Flüssigkeit feuerten (19). Anschließend wurde die Belohnung mit visuellen Reizen gepaart und instrumentell mit dem Betätigen eines Hebels assoziiert. In den ersten Lerndurchgängen folgte der Belohnungsdarbietung zuverlässig eine phasische Dopaminaktivierung. Nachdem die Affen den Sachverhalt gelernt hatten, blieb die Dopaminausschüttung auf Belohnungsdarbietung hin aus. Die Aktivität dieser Dopaminneuronen scheint einen „Vorhersagefehler“ („reward prediction error“, RPE; 49) zu reflektieren (5, 50, 54), der sich aus der Differenz zwischen erwarteter und erfolgter Belohnung ergibt: Die phasische Dopaminausschüttung tritt auf, wenn die Belohnung nicht erwartet wurde oder besser als erwartet ist. Die dopaminerge Aktivität bleibt unverändert, wenn eine Belohnung wie erwartet eintritt und wird unterdrückt, wenn eine Belohnung ausbleibt oder schlechter als erwartet ausfällt. Im obigen Beispiel ergibt sich vor dem Erlernen der Zusammenhänge zwischen Reiz, Hebel und Belohnung ein positiver RPE, da keine Belohnung erwartet wird, diese aber erfolgt. Nach Erlernen der Zusammenhänge ergibt sich ein RPE von Null, da die Belohnung erwartet wird. In Bildgebungsstudien konnten beim Menschen ähnliche Aktivierungsvorgänge in den entsprechenden dopaminergen bzw. dopaminerg innervierten Bereichen beobachtet werden, wobei belohnende Ereignisse u. a. der Erhalt von Geld darstellten (1, 8, 11, 20, 29, 36, 39, 42).

STRIATALERINPUT AUS INFORMATIONEN ÜBER VORBEREITUNG, BEDINGUNGEN, AUSFÜHRUNG UND KONSEQUENZEN MOTORISCHEN VERHALTENS

Das ventrale Striatum erhält synaptischen Input u. a. vom orbitofrontalen (OFC) und cingulären Kortex, vom Hippocampus (HC) und der Amygdala (2, 16, 37). Der OFC scheint eine bedeutende Rolle in der Verarbeitung affektiver Werte von Verstärkern und in der Verhaltensplanung in Bezug auf Belohnung und Strafe zu spielen (22). Der cinguläre Kortex steuert u. a. das Erlernen und Ausführen von Verhaltensweisen, die auf den Erhalt von Belohnung ausgerichtet sind (52). Dem HC wird die Vermittlung episodischer Gedächtnisinhalte, insbesondere auch räumlicher, zeitlicher, ziel- und bewegungsbezogener Inhalte zugeschrieben (12, 17, 45). Die Amygdala verarbeitet und kontrolliert emotionale Erfahrungen (9, 31). Das dorsale Striatum erhält dagegen Input u. a. vom dorsolateralen präfrontalen Kortex und prä-supplementären motorischen Areal, die beide in die Planung und Vorbereitung von motorischen Handlungen eingebunden sind, sowie vom motorischen Kortex, dorsolateralen prämotorischen Kortex und supplementären motorischen Areal, die alle in die Bewegungsausführung eingebunden sind (47). Als Ganzes betrachtet verarbeitet dieses Netzwerk somit Informationen über konkrete Bedingungen und Konsequenzen von Handlungen sowie über die Vorbereitung und Ausführung motorischen Verhaltens. Striataler Input reflektiert also genau diejenigen Informationskategorien, die nach Hoffmanns Modell zum Erwerb antizipativer verhaltenssteuernder Strukturen notwendig sind. Folglich stellt das Striatum wahrscheinlich diejenige Struktur dar, die die Integration und Verknüpfung dieser Informationen ermöglicht.

UNERWARTETE BELOHNUNG UND LERNVORGÄNGE

Nach der 3-Faktorenregel synaptischer Plastizität unterliegen bei phasischen Dopaminaktivierungen aktivierte Synapsen kortikostriataler Schleifen einer LTP und damit Lernvorgängen. Wie oben dargestellt rufen unerwartete Belohnungen solche phasische Dopaminauschüttungen hervor. So wird LTP an denjenigen Synapsen kortikostriataler Schaltkreise ausgelöst, die während dieser dopaminergen RPE-Aktivität präsynaptisch aktiviert und postsynaptisch depolarisiert sind (Abb.1).

In striatalen Zielzellen dauert es aufgrund der Lokalisation von Spines bis zu mehrere Sekunden, bis das Membranpotenzial nach Aktivierung wieder das Ausgangsniveau erreicht hat (14, 27). Nach einer motorischen Handlung sind daher die in die hierbei aufgetretenen Aktivierungen eingebundenen Synapsen für kurze Zeit durch ihre erhöhte Erregbarkeit markiert. So unterliegen hierbei diejenigen Netzwerkelemente Lernvorgängen, die in die Aktivierung des zur unerwarteten Belohnung führenden Verhaltens eingebunden waren. Da in kortikostriatalen Schleifen Informationen über Vorbereitung, Bedingungen, Ausführung und Konsequenzen motorischen Verhaltens verarbeitet werden, werden Lernvorgänge diese Informationskategorien betreffen und im Striatum reflektiert.

SPORTMOTORISCHE RELEVANZ PHASISCHER DOPAMINAKTIVITÄT

Die kortikostriatalen Schaltkreise besitzen große motorische Bedeutung, da Ausführungen motorischer Handlungen im Tierversuch und der Vollzug der wenig komplexen menschlichen Bewegungen, die den Untersuchungsmethoden zugänglich sind, die Aktivierung des Kortex und der BG erfordern. Man kann davon ausgehen, dass diese Bereiche auch beim Vollzug sportmotorischer Fertigkeiten eine bedeutende Rolle spielen. Eine Reihe von Studien belegt, wie oben bereits dargestellt, ein Auftreten dopaminerger RPE-Aktivität beim Menschen. Im menschlichen Gehirn wurden dopaminerge Antworten auf positive Ereignisse darüber hinaus sogar bei gelernten und sehr abstrakten Reizkategorien beobachtet, wie z. B. dem Erhalt von Geld (6, 10, 13), der Betrachtung von Malerei (53) und romantischen Bildern von Lebenspartnern (3, 4). Diese kognitive Komponente verweist auf die Möglichkeit, dass aus zunächst grundlegenden, basalen motorischen Geschehnissen auch sportlich relevante Ereignisse einer dopaminergen Aktivierung zugänglich sein können und phasische Dopaminantworten bei unerwartetem Bewegungserfolg sportmotorische Relevanz besitzen. Zink und Mitarbeiter (55) zeigten, dass phasische dopaminerge Antworten nur auftreten, wenn das Eintreten eines positiven Ereignisses auf eigenes Verhalten zurückzuführen ist. Eine solche Rückführung von Handlungserfolg auf eigenes Verhalten stellt ja eine genuine Eigenschaft sportlichen Handelns dar. Insbesondere bei technomotorischen Fertigkeiten, wie z. B. einem Salto vorwärts oder dem Hinabgleiten eines Tiefschneehanges auf Skiern, könnten die belohnenden Momente in der Bewegung selbst liegen. Bühler (7) spricht im Zusammenhang mit der kindlichen Bemeisterung von Bewegungsaufgaben hierbei von der „Funktionslust“. Auch Hoffmann (18) nimmt an, dass der Erwerb verhaltenssteuernder Antizipationen von einem Bedürfnis nach Vorhersagbarkeit getrieben werde, dessen Befriedigung mit Lust und dessen Nichtbefriedigung mit Unlust verbunden sei. Belohnende Momente beispielsweise eines erfolgreichen Torschuss oder einer erfolgreichen Finte können sicherlich im Resultat der sportlichen Bewegung liegen. Betrachtet man die individuelle Biographie einer sportmotorischen Fertigkeit, dann ereignete sich irgendwann immer ein unerwarteter Bewegungserfolg. Beispielsweise könnte beim Schwimmen für einen überraschend langen Zeitraum den Kopf über dem Wasser zu halten oder das plötzlich deutliche Vorankommen im Wasser eine dopaminerg reflektierte, unerwartete Belohnung darstellen.

PHASISCHE DOPAMINAKTIVIERUNG UND LERNVORGÄNGE IM MODELL VON HOFFMANN

Im Modell der antizipativen Verhaltenskontrolle von Hoffmann werden die verhaltenssteuernden Antizipationen, die die sensomotorische Kontrolle gewährleisten, erworben, indem bei Übereinstimmungen zwischen den antizipierten und den tatsächlichen Verhaltenskonsequenzen die Bindung der Antizipation an die Reizwirkung verstärkt wird. Fehlende Übereinstimmungen führen zu einer Differenzierung der Situationsbedingungen. In den kortikostriatalen Schleifen wird Informationen über die Vorbereitung, Bedingungen, Ausführung und Konsequenzen motorischen Verhaltens verarbeitet. Da im Striatum alle diese Informationen konvergieren, ist anzunehmen, dass kortikostriatale Plastizitätsvorgänge zur Stärkung der Verbindungen zwischen diesen Informationskategorien führen und diese Verknüpfungen striatal reflektiert werden. In den hierbei eingebundenen Schaltkreisen wird LTP ausgelöst, wenn phasische Dopaminausschüttungen auftreten. Diese phasischen Dopaminaktivierungen treten bei unerwarteten Belohnungen auf, also bei unerwarteten positiven Effekten nach einer Handlung. Somit werden bei nichtantizipierten, aber positiven Effekten Situations-Handlungs-Effekt-Verknüpfungen gestärkt. Nach den dargestellten neurophysiologischen Befunden und Überlegungen könnte also das Modell der antizipativen Verhaltenskontrolle dahingegen ergänzt werden, dass auch nichtantizipierte, positive Verhaltenskonsequenzen zur Stärkung und Differenzierung der Handlungs-Effekt-Verbindungen in Abhängigkeit der vorliegenden Situation führen.

SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DAS SPORTLICHE TRAINING

Da nur die Informationskategorie und nicht das Datenformat oder Details über die verarbeiteten Inhalte bekannt sind, bleibt unklar, welche konkreten Merkmale die über kortikostriatale Schleifen vermittelten Handlungs-Effekt-Verknüpfungen besitzen. Die dargestellten Befunde und Überlegungen verweisen jedoch auf die hohe Bedeutung unerwarteter, positiver Bewegungsereignisse für Lernvorgänge. Nach Roth & Raab (43) ist in Sportspielen für eine effektive Situationsbeherrschung ein System von Wenn-dann-Antizipationsregeln zu erlernen. Folgt man den hier dargestellten Zusammenhängen, dann ist hierbei insbesondere auf ein überraschendes Moment bei Bewegungserfolg und in diesem Fall auch auf eine schnelle Erfolgsrückmeldung zu achten, um die kurzzeitig erhöhte Erregbarkeit der kortikostriatalen Synapsen für die hierbei hervorgerufene dopaminerge Modulation zu nutzen. Bei Trainingsdurchgängen zu Entscheidungsverhalten in Sportspielen sollten potenziell belohnende Punkt-, Korb- oder Torerfolge direkt im Anschluss an eine angesteuerte Aktion folgen, um die Wahrnehmung positive Effekte nach Handlung zu erleichtern.
Neben dem Erlernen taktischen Verhaltens im Sport könnten die über kortikostriatale Schleifen vermittelten Lernvorgänge bei allen Bewegungssituationen relevant sein, bei denen Handlungen unmittelbar zu unerwartet positiven Effekten führen. Darunter fällt die Auseinandersetzung mit technomotorischen Fertigkeiten, wie z. B. turnerischen Fertigkeiten, insbesondere für Novizen, bei der neue Bewegungsqualitäten durch Kombination bereits beherrschter motorischer Aktionen möglich sind. Aus konzeptioneller Betrachtung ist hierbei ein methodisches Vorgehen optimal, das häufig überraschenden Bewegungserfolg in einer für die Optimierung der Zielfertigkeit angemessenen Weise ermöglicht. Eine Strategie hierbei könnte darin liegen, beispielsweise über materielle und geschickte personale Hilfeleistung beim Fertigkeitserwerb Situationen bereitzustellen, bei der der Athlet die Wahrscheinlichkeit auf Bewegungserfolg deutlich niedriger einschätzt als diese tatsächlich ist. In der Auseinandersetzung mit solchen Bewegungssituationen nimmt der Athlet häufig einen überraschenden Bewegungserfolg wahr, der phasische Aktivierungen der VTA und SN provozieren und damit Lernvorgänge beschleunigen könnte.

Angaben zu finanziellen Interessen und Beziehungen, wie Patente, Honorare oder Unterstützung durch Firmen: Keine.

LITERATUR

  1. Abler B, Walter H, Erk S, Kammerer H, Spitzer M Prediction error as a linear function of reward probability is coded in human nucleus accumbens. NeuroImage 31 (2006) 790-795.
  2. Alexander JP, DeLong MR, Strick PL Parallel organization of functionally segregated circuits linking basal ganglia and cortex. 2. Ann Rev Neurosci 9 (1986) 357-381.
  3. Aron A, Fisher N, Mashek DJ, Strong G, Li H, Brown LL Reward, motivation, and emotion systems associated with early-stage intense romantic love. J Neurophysiol 94 (2005) 327-337.
  4. Bartels A, Zeki S The neural correlates of maternal and romantic love. Neuroimage 21 (2004) 1155-1166.
  5. Bayer HM, Glimcher PW Midbrain dopamine neurons encode a quantitative reward prediction error signal. Neuron 47 (2005) 129-141.
  6. Breiter HC, Aharon I, Kahneman D, Dale A, Shizgal P Functional imaging of neural responses to expectancy and experience of monetary gains and losses. Neuron 30 (2001) 619-639.
  7. Bühler C Psycholgie im Leben unserer Zeit. München Zürich 1962.
  8. Corlett PR, Aitken MR, Dickinson A, Shanks DR, Honey GD, Honey RA, Robbins TW, Bullmore ET, Fletcher PC Prediction error during retrospective revaluation of causal associations in humans: fMRI evidence in favour of an associative model of learning. Neuron 44 (2004) 877-888.
  9. Dagleish T The emotional brain. Nat Rev 5 (2004) 582 – 589.
  10. Delgado MR, Nystrom LE, Fissell C, Noll DC, Fiez JA Tracking the hemodynamics responses to reward and punishment in the striatum. J Neurophysiol 84 (2000) 3072-3077.
  11. Dreher J-C, Kohn P, Berman KF Neural coding of distinct statistical properties of reward information in humans. Cereb Cortex 16 (2006) 561 -573.
  12. Eichenbaum H Hippocampus: cognitive processes and neural representations that underlie declarative memory. Neuron 44 (2004) 109 -120.
  13. Elliott R, Newman JL, Longe OA, Deakin JFW Differential response patterns in the striatum and orbitofrontal cortex to financial reward in humans: a parametric functional magnetic resonance imaging study. J Neurosci 23 (2003) 303-307.
  14. Gamble E, Koch C The dynamics of free calcium in dendritic spines in response to repetitive synaptic input. Science 236 (1986) 1311-1315.
  15. Grace AA Regulation of spontaneous activity and oscillatory spike firing in rat midbrain dopamine neurons recorded in vitro. Synapse 7 (1991) 221-234.
  16. Haber SN The primate basal ganglia: parallel and integrative networks. J Chem Neuroanat 26 (2003) 317 -330.
  17. Hölscher C Time, space, and hippocampal functions. Rev Neurosci 14 (2003) 253-284.
  18. Hoffmann J Vorhersage und Erkenntnis. Hogrefe Verlag, Göttingen, 1993.
  19. Hollermann JR, Schultz W Dopamine neurons report an error in the temporal prediction of reward during learning. Nat Neurosci 1 (1998) 304-309.
  20. Holroyd CB, Coles MGH The neural basis of human error processing: reinforcement learning, dopamine, and the error-related negativity. Psychol Rev 109 (2002) 679-709.
  21. Hossner E-J Bewegende Ereignisse, Hofmann Verlag, Schorndorf, 2004.
  22. Kringelbach ML The orbitofrontal cortex: linking reward to hedonic experience. Nat Rev Neurosci 6 (2005) 691-702.
  23. Künzell S Die Bedeutung der Efferenzkopie für das motorische Lernen. Dissertationen.de - Verlag im Internet, Berlin, 2003.
  24. Leikov H Module eines pädagogischen Handlungsmodells für das Gerätturnen. Dissertation, Universität Stuttgart, 2001.
  25. Ljundberg T, Apicella P, Schultz W Responses of monkey dopamine neurons during learning of behavioural reactions. J Neurophysiol 67 (1992) 145-163.
  26. Lynd-Balta E, Haber SN The organization of midbrain projections to the striatum in the primate: sensorimotor-related striatum versus ventral striatum. Neurosci 59 (1994) 625-640.
  27. MacDermott AB, Mayer ML, Westbrook GL, Smith SJ, Baker JL NMDA-receptor activation increases cytoplasmic calcium concentration in cultured spinal cord neurons. Nature 321 (1986) 519-522.
  28. Malenka RC, Bear MF LTP and LTD: An embarrassment of riches. Neuron 44 (2004) 5-21.
  29. McClure SM, Berns GS, Montague PR Temporal prediction errors in a passive learning task activate human striatum. Neuron 38 (2003) 339-346.
  30. McDonald RJ, White NM Parallel information processing in the water maze: evidence for independent memory systems involving dorsal striatum and hippocampus. Behav Neurol Biol 61 (1994) 260-270.
  31. McGaugh JL The amygdale modulates the consolidation of memories of emotionally arousing experiences. Ann Rev Neurosci 27 (2004) 1-28.
  32. Meinel K, Schnabel G Bewegungslehre – Sportmotorik, Abriss einer Theorie der sportlichen Motorik unter pädagogischem Aspekt. Meyer & Meyer Verlag, Aachen, 2007.
  33. Mink JW, Tach WT Basal ganglia intrinsic circuits and their role in behaviour. Curr Opin Neurobiol 3 (1993) 950-957.
  34. Mirenowicz J, Schultz W Preferential activition of midbrain dopamine neurons by appetitive rather than aversive stimuli. Nature 377 (1996) 449-451.
  35. Morris RGM, Moser EI, Riedel G, Martin SJ, Sandin J, Day M, O’Carrol C Elements of a neurobiological theory of the hippocampus: the role of activity-dependent synaptic plasticity in memory, in: Bliss T, Collingridge G, Morris R (Hrsg): LTP – Long-term potentiation, enhancing neuroscience for 30 years. Oxford University Press, Oxford, New York, 2003, 277-299.
  36. O’Doherty J P, Dayan P, Friston K, Critchley H, Dolan, RJ Temporal difference models and reward-related learning in the human brain. Neuron 38 (2003) 329-337.
  37. O’Donnell P, Grace AA Synaptic interactions among excitatory afferents to nucleus accumbens: hippocampal gating of prefrontal cortical input. J Neuroscience 15 (1995) 3622-3639.
  38. Packard MG, Knowlton BJ Learning and memory functions of the basal ganglia. Ann Rev Neurosci 25 (2002) 563-593.
  39. Preuschoff K., Bossaerts P, Quartz SR Neural differentiation of expected reward and risk in human subcortical structures. Neuron 51 (2006) 381-390.
  40. Reynolds JN, Wickens JR Dopamine-dependent plasticity of corticostriatal synapses. Neural Networks 15 (2002) 507-521.
  41. Rioult-Pedotti MS, Donoghue JP The nature and mechanism of plasticity, in: Boniface S, Ziemann U (Hrsg): Plasticity in the human nervous system. University Press, Cambridge, 2003, 1-25.
  42. Rolls ET, McCabe C, Redoute J Expected value, reward outcome, and temporal difference error representations in a probabilistic decision task. Cer Cortex 2007, O: bhm097v1.
  43. Roth K, Raab M Taktische Regelbildungen:”mühsam, konzentriert, intentional oder mühelos, nebensächlich, inzidentell?”, in: Wegner M, Wilhelm A, Janssen J-P (Eds): Empirische Forschung im Sportspiel. Kiel, 1999. Feldhaus Verlag, Hamburg, 1999, 73-84.
  44. Roth K, Willimczik K Bewegungswissenschaft. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek, 1999.
  45. Ryan L, Nadel L, Keil K, Putnam K, Schnyer D, Trouard T, Moscovitch M Hippocampal complex and retrieval of recent and very remote autobiographical memories: Evidence from functional magnetic resonance imaging in neurologically intact people. Hippocampus 11 (2001) 707-714.
  46. Salamone JD, Correa M, Mingote S, Weber SM Nucleus accumbens dopamine and the regulation of effort in food-seeking behavoir: implications for studies of natural motivation, psychiatry and drug abuse. J Pharmacol Experimental Therapeutics, 305 (1) (2003) 1- 8.
  47. Sanes JN Neocortical mechanisms in motor learning. Curr Opin Neurobiol 13 (2003) 225-231.
  48. Schultz W, Apicella P, Ljundberg T Responses of monkey dopamine neurons to reward and conditioned stimuli during successive steps of learning a delayed response task. J Neurosci 13 (1993) 900-913.
  49. Schultz W Predicitive reward signal of dopamine neurons J Neurophysiol 80 (1998) 1-27.
  50. Schultz W Getting formal with dopamine and reward. Neuron 36 (2002) 241-263.
  51. Schultz W Multiple Dopamine functions at different time courses. Annu Rev Neurosci 30 (2007) 259-288.
  52. Schweimer J, Hauber W Dopamine D1 receptors in the anterior cingulate cortex regulate effort-based decision making. Learning & Memory 13 (2006) 777-782.
  53. Vartanian O, Goel V Neuroanatomical correlates of aesthetic preference for paintings. Neuroreport 15 (2004) 893-835.
  54. Waelti P, Dickinson A, Schultz W Dopamine responses comply with basic assumptions of formal learning theory. Nature 412 (2001) 43 -48.
  55. Zink CF, Pagnoni G, Martin-Skurski ME, Chappelow CM, Berns GS Human striatal responses to monetary reward depend on saliency. Neuron 42 (2004) 509-517.
Korrespondenzadresse:
Frieder Beck
Institut für Sportpsychologie
Fakultät für Sportwissenschaft
Technische Universität München
Connollystr. 32
80809 München
E-Mail: beck@sp.tum.de